Transatlantische Wendemarke Iran
Analyse von Otfried Nassauer
Mit dem Iran scheint Bundeskanzlerin Angela Merkel ihr außenpolitisches Thema gefunden
zu haben. Scharfe und schärfste Töne gegenüber Teheran sind ihr ein Instrument, um die
deutschen Beziehungen zu Washington zu verbessern und die Nato aufzuwerten. Das
signalisierte ihr Auftritt während der Münchner Sicherheitskonferenz. Die Hoffnung
dahinter: Wer Washingtons Agenda unterstützt, der wird auch wieder gehört. Merkel nutzte
den Konflikt mit dem Iran als Beispiel, um zu beschreiben, was sie unter einer
"Erneuerung der transatlantischen Partnerschaft" versteht. Sie ließ erkennen,
mit dem Koalitionsversprechen auf Kontinuität in der Außen- und Sicherheitspolitik
könnte auch Diskontinuität gemeint sein. Der Iran ist nicht der Irak - jedenfalls was
den deutschen Umgang mit dem Thema betrifft. Und Merkel ist nicht Schröder.
Scharfe Angriffe gegen Teheran, das "mutwillig" ihm "bekannte rote
Linien' überschritten" habe, das Existenzrecht Israels bestreite und eine Warnung,
den Iran nicht wie den deutschen Nationalsozialismus in den dreißiger Jahren gewähren zu
lassen, prägten ihre Rede. Das Signal: Niemand kann Deutschland in Sachen Iran
"Appeasement" vorwerfen. Auch Washington wird nicht deutlicher. Wird der Iran
also zu einem Wendepunkt in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik, weil der
deutsche Umgang mit dem Thema zu einem Instrument der Verbesserung der Beziehungen zu den
USA wird? Schon möglich. Merkel skizzierte eine Zukunft für die Nato, die Washington
entgegenkommt: Das Bündnis soll wieder primärer Ort der transatlantischen Konsultation
und der Koordination der politischen und militärischen Aktionen des Westens werden. Der
Iran sei ein Thema für die Nato - wenn zunächst auch nur ein politisches.
Bezeichnend auch eine andere Bemerkung Merkels: "Ich will jetzt nicht über die
Unterschiede zwischen den Worten "preemptive" und "preventive"
philosophieren", sagte sie, "aber es ist hochinteressant, dass sich die Dinge
doch in eine gemeinsame Richtung entwickeln." Verkoppelt mit ihrem Vorschlag, 2008
solle die Nato sich eine neue Strategie geben, wird das Angebot deutlich: Noch unter
George W. Bush kann die Sicherheitspolitik der Nato neu ausgerichtet werden. Dazu passte
eine leise Warnung: Die strategische Partnerschaft zwischen Deutschland und Russland
müsse sich in der Iranfrage "bewähren", wobei man "sicherlich auch noch
manche schwierige Diskussion führen" mit Moskau führen müsse.
Doch glaubt die Kanzlerin wirklich, ein Schulterschluss mit Washington in Sachen Iran
führe zu mehr deutschem Einfluss gegenüber den USA führt? Dass der Iran einknickt und
sich völkerrechtlich singularisieren lässt? Beides könnten folgenschwere Irrtümer
sein. In Washington würde die Haltung als Berliner Bußgang nach den deutschen
"Fehlern" in Sachen Irak verstanden. In Teheran als das Ende einer
eigenständigen Politik der Europäer gegenüber der islamischen Welt. Der Streit dürfte
weiter eskalieren. Die US-Politik dürfte US-Senator Liebermann vorgezeichnet haben, als
er in München vorschlug, dass die "Nato jetzt mit der Planung beginnt, wie ihre
militärischen Kapazitäten für unser gemeinsames Ziel eingesetzt werden können, das
militärische Nuklearprogramm des Iran zu stoppen."

ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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