"Out of Area" - Vom Militärbündnis zum Kriegerdenkmal?
Die NATO – 60 Jahre danach
von Otfried Nassauer
Als Mann der klaren Worte ist Verteidigungsminister Franz-Josef Jung
nicht gerade bekannt. Deshalb merkt man auf, wenn er Kritisches sagt. Bei
der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar tat er es. Jung sagte über
die NATO: "Deutschland misst der Erarbeitung eines neuen
Strategischen Konzepts große Bedeutung bei, denn der Zustand des
Bündnisses könnte besser sein."[ 1 ]
Der Zustand könnte besser sein
Wenige Wochen vor dem Gipfel zum 60. Geburtstag der NATO steht es um
die Allianz wirklich nicht zum Besten. Acht von George W. Bush und seinen
Kriegen geprägte Jahre haben unübersehbare Spuren hinterlassen. Sie
haben nicht nur die USA geschwächt, sondern auch die NATO. Konnte die
Allianz sich noch vor wenigen Jahren als erfolgreichstes Militärbündnis
der Geschichte feiern, so gleicht sie heute eher einem Kriegerdenkmal. Die
äußere Hülle des Kolosses beeindruckt zwar, doch innen ist er hohl.
Mehr noch: Dort frisst der Rost. Schon bald könnte die Standfestigkeit
gefährdet sein. Sanieren oder abreißen – so könnte die Frage
letztlich lauten.
Die "Wertegemeinschaft NATO" wankt.[ 2 ] Die Rhetorik von den
westlichen Werten, Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und
Marktwirtschaft, hat ihre Strahlkraft und viel Glaubwürdigkeit
eingebüßt, seit die NATO sich zum militärischen Helfer in George W.
Bushs ideologisiertem Weltkrieg gegen den Terror gemacht hat. Etlichen ist
klar, dass dieser Krieg in eine Sackgasse geführt hat. Er schuf mehr neue
Risiken als er alte eindämmen konnte. Klar ist vielen inzwischen auch,
dass die NATO den Krieg in Afghanistan [ 3 ] letztlich nicht gewinnen kann und
deshalb eine Ausstiegsstrategie benötigt, die mit möglichst geringem
Gesichtsverlust verbunden ist. Zudem wirkt der Streit um den Krieg gegen
den Irak im Bündnis nach. Zu häufig betrachtete die Regierung Bush die
Allianz als Werkzeugkasten, aus dem man sich die militärische Werkzeuge
der Partner ausleihen und Koalitionen der Willigen für umstrittene
Interventionen formen konnte. Zu oft reduzierte Washington die NATO zu
einem Debattierklub, in dem die NATO-Staaten zwar ihre Meinung sagen
konnten, die Entscheidungen aber in Washington fielen. Wiederholt hatten
europäische NATO-Mitglieder den Eindruck, Washington verfahre wie das
alte Rom: Es fordere entweder Legionen oder Tribut.
Der republikanische Senator Richard Lugar argumentierte 1993, die NATO
müsse "out of area" gehen, wenn sie nicht "out of
business" gehen wolle. Er glaubte, dass die NATO ohne den Gegner des
Kalten Krieges ihre Daseinsberechtigung verlieren werde, wenn sie sich
keine neuen Aufgaben suche. 15 Jahre später Gefahr wird von konservativer
Seite im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung argumentiert,
die NATO sei nur noch im Geschäft, weil sie out of area gegangen sei.
Zugleich kann natürlich auch mit einem gewissen Recht gefragt werden, ob
die NATO nicht gerade deshalb "out of business" gehen könnte,
weil sie "out of area" ging. Das suggeriert die Realität.
Während des Kalten Krieges hatten die Bündnismitglieder einen
gemeinsamen Feind, gegen den sie sich kollektiv auf Grundlage des Artikels
V des NATO-Vertrages zur Wehr setzen wollten. Streit gab es damals vor
allem um Fragen wie diese: Was darf die Verteidigung die einzelnen
Nationen kosten? Wieviel Angriff gehört zur Verteidigung? Und wieviel von
dem, was verteidigt werden soll, darf notfalls in einem atomaren Krieg
zerstört werden? Der Zusammenhalt des Bündnisses blieb jedoch
ungefährdet. Seit der Feind, der Warschauer Pakt unter Führung der
UdSSR, durch Selbstauflösung abhanden kam, brauchte die NATO neue
Aufgaben, weil sie eine neue Daseinsberechtigung benötigte. Sie folgte
Lugars Rat mit zwei Schritten "out of area". Beide erwiesen sich
als sehr problematisch.
Zum einen suchte die Allianz sich neue militärische Aufgaben
außerhalb des Bündnisgebietes und erweiterte dabei die Legitimation für
ihr militärisches Handeln schrittweise. Zunächst übernahm sie
Friedensmissionen im Auftrag der Vereinten Nationen. Sie wollte diesen
Aufgabenbereich – damals von wachsender Bedeutung - nicht der
Westeuropäischen Union überlassen. Später folgten sogenannte
friedenserzwingende Maßnahmen und mit dem Krieg um das Kosovo 1999
erstmals eine selbstmandatierte militärische Intervention, also ein
völkerrechtswidriger Einsatz militärischer Gewalt. Das schuf einen
problematischen Präzedenzfall. Die NATO erhob den Anspruch, genauso wie
die Vereinten Nationen und deren anerkannte Regionalorganisationen über
rechtmäßige Gewaltanwendung entscheiden zu können. Waren sich die
NATO-Staaten im Blick auf den Krieg um das Kosovo noch einig, dass ein
militärisches Vorgehen zumindest legitim sei [ 4 ], so mussten sie sich bereits
vier Jahre später mit der Kehrseite derselben Medaille auseinandersetzen:
Als Washington 2003 eine Koalition der Willigen für seinen Krieg gegen
den Irak formte, wurde auch vielen NATO-Staaten deutlich, dass sie
letztlich dem Recht des Stärkeren und nicht einer Stärkung des
internationalen Rechts Vorschub geleistet hatten und eine Rückkehr zu den
anerkannten Regeln des Völkerrechts, das das Gewaltmonopol bei den
Vereinten Nationen ansiedelt, nicht ohne Weiteres möglich war. Die
Büchse der Pandora war geöffnet.
Schrittweise erweiterte die NATO zweitens ihre Mitgliedschaft um
Staaten "out of area". Zunächst nahm sie drei ehemalige
Mitglieder des Warschauer Paktes als Vollmitglieder auf, bald darauf mit
den baltischen Staaten auch erste Republiken der zerfallenen Sowjetunion.
Russischer Widerspruch gegen dieses Vorrücken an die Grenzen Russlands
wurden durch das Versprechen auf Begleitmaßnahmen wie die Gründung des
NATO-Russland-Rates oder Anpassungen der Verträge über konventionelle
Streitkräfte in Europa (KSE-Verträge) teils abgefedert, teils aber auch
einfach übergangen. Doch die Erweiterung um neue Mitglieder brachte auch
einen Verlust an innerer Kohärenz mit sich. Das hatte verschiedene
Ursachen und zeigt sich auf unterschiedlichen Ebenen. Die neuen
Mitgliedsstaaten strebten in die NATO, weil sie von deren
Sicherheitsgarantien profitieren wollten. Zugleich aber hatten sie mit der
Auflösung des Warschauer Paktes erst ihre volle nationale Souveränität
wiedererlangt und zeigten wenig Bereitschaft, im Rahmen der NATO- (oder
EU-)Mitgliedschaft bereits wieder auf Teile ihrer Souveränität zu
verzichten. Sie betrachteten die NATO als eines der Instrumente ihrer
nationalen Außenpolitik, auf das man in ähnlicher Weise zurückgreifen
konnte wie auf bilaterale Beziehungen z. B. zu den USA.
Für die NATO hatte dies zur Folge, dass in vielen Fragen
Meinungsunterschiede entstanden – auch solche, die an Substanz und
Selbstverständnis des Bündnisses gingen. So kehrte eine alte Frage
zurück: Sollte die NATO künftig vorrangig Sicherheit vor Russland
schaffen oder europäische Sicherheit mit Russland ausgestalten? In dieser
Frage wünschen sich vor allem die neuen NATO-Mitglieder die alte, gegen
Russland gerichtete NATO. Die alten NATO-Mitglieder in Europa wünschen
sich dagegen meist eine neue NATO, die Fragen europäischer Sicherheit
gemeinsam mit Russland beantwortet. Diese Differenz provozierte weitere.
Viele neue NATO-Mitglieder wollen die Allianz schnell um weitere ehemalige
Sowjetrepubliken wie Georgien erweitern. Die meisten alten NATO-Mitglieder
dagegen befürworten dies erst, wenn die territorialen und inneren
Konflikte der Beitrittsaspiranten gelöst sind. Viele alte NATO-Mitglieder
möchten Rüstungskontrolle und Abrüstung als Gestaltungsinstrumente
europäischer Sicherheit reaktivieren. Etliche neue Mitglieder wollen
dagegen, dass die NATO im Fall einer Krise keine
rüstungskontrollpolitischen Fesseln trägt. Manch neues Mitglied sieht
die NATO als Ausdrucksform der amerikanischen Sicherheitsgarantie gegen
Russland und beäugt deshalb den Aufbau der Europäischen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik mit Argwohn, weil diese die NATO und den Einfluss
Washingtons auf die europäische Sicherheitspolitik schmälern könnte.
Die ESVP wird vor allem von alten NATO-Mitgliedern in Europa getragen. Sie
soll der EU ein eigenes, integriertes oder zumindest koordiniert
einsetzbares Instrumentarium aus zivilen, nicht-militärischen und
militärischen Mitteln des Krisenmanagements an die Hand geben, dass zum
Krisenmanagement oder bei Interventionen auch autonom zum Einsatz kommen
kann. Damit bietet die ESVP ihren Mitgliedern mehr kollektive
Handlungsmöglichkeiten, denn über ein solches, auch ziviles
Instrumentarium verfügt die NATO als Militärbündnis nicht. Ihr Primat
und damit auch die führende Rolle der USA in der europäischen
Sicherheitspolitik könnte in Gefahr geraten. Washington und viele neue
NATO-Mitglieder tendieren deshalb dazu, die ESVP durch die NATO
einzuhegen. Die alten europäischen NATO-Mitglieder der NATO dagegen
wollen eine größtmögliche Autonomie der ESVP und deren Anerkennung als
eigenständiger Beitrag zur europäischen Sicherheit.
Leicht ließe sich die List der Konfliktpunkte und Kontroversen
verlängern. Viele können die NATO vor eine Zerreißprobe stellen. Als
klassisches Militärbündnis, dessen Aufgabe vor allem in weltweiten
Interventionen begründet liegt, die von dem oder den stärksten
Bündnismitgliedern für wünschenswert gehalten werden, lässt sich die
Allianz nicht legitimieren. Weder nach innen noch gegenüber der
Öffentlichkeit in den Mitgliedstaaten noch völkerrechtlich. Steht die
NATO also vor dem Zerfall? Wohl kaum.
Die große Bedeutung des Strategischen Konzepts
Die NATO wird 60. Natürlich will sie aus diesem Anlass nicht über
ihren Zustand lamentieren, sondern sich gebührend feiern. Der
Doppelgipfel in Strasbourg und Kehl soll Stärke und ungebrochene
Vitalität demonstrieren. Mit Barak Obama, dem neuen Präsidenten der USA
– so die explizit geäußerte Hoffnung – wird die Zusammenarbeit um
vieles besser. Alte Streitlinien können begraben und neue Visionen
entwickelt werden – so die Erwartungshaltung. Gipfeltreffen werden
veranstaltet, um Erfolge zu verkaufen.
Der wichtigste Vorschlag, mit dem die NATO wieder zukunftsfähig
gemacht werden soll, heißt "neue NATO-Strategie".[ 5 ] Sie soll in
Strasbourg in Auftrag gegeben und im darauffolgenden Jahr erarbeitet und
dann auf einem weiteren Gipfel gebilligt werden. Die Gastgeber des
Gipfels, Frankreich und Deutschland, haben erste Initiativen ergriffen, um
die Probleme anzugehen. Zwei Schritte bilden den Kern. Frankreichs
Präsident Sarkozy will sein Land nach 40 Jahren wieder in die
militärische Integration der NATO zurückführen. Die Bundesregierung
wagte zeitgleich den Aufschlag zur Debatte über eine neue NATO-Strategie.
Mit ihr soll die NATO einen neuen Grundkonsens zu inhaltlichen und
militärischen Fragen erarbeiten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel beschrieb während der
Sicherheitskonferenz in München im Februar 2009, was das neue
Strategische Konzept der NATO nach ihrer Meinung leisten muss:
"Welches Konzept der Sicherheit haben wir eigentlich? Wir sind zu der
Überzeugung gelangt, dass das Konzept der Vernetzten Sicherheit die
richtige Antwort auf die Herausforderungen des 21.Jahrhunderts ist. Das
heißt, Krisenbewältigung und Krisenprävention müssen durch ein
Miteinander von politischen, entwicklungspolitischen, polizeilichen, zum
Teil kulturpolitischen und, wo nötig, natürlich auch militärischen
Maßnahmen erfolgen. Die NATO ist ein militärisches Bündnis. Das heißt,
wir müssen Wege finden – das muss Teil dieses neuen strategischen
Konzeptes sein –, wie wir die militärischen Fähigkeiten der NATO mit
dem Konzept der Vernetzten Sicherheit verbinden und daraus die notwendigen
Kooperationen erwachsen lassen." Merkel sagte auch, wie sie sich das
vorstellt: "Das Konzept der Vernetzten Sicherheit prägt die
Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. (.....)Ich sehe die
Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik als eine neue Form der
Kooperation mit der NATO. Nicht mehr jeder einzelne Mitgliedstaat bringt
sich nur alleine ein, sondern an einigen Stellen bringt sich auch die
Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik in die NATO ein. (...)
Das neue strategische Konzept der NATO muss nun diesem Konzept der
Vernetzten Sicherheit entsprechen und ihm näher kommen. (...) Die NATO
muss ein Ort politischer Diskussionen sein. Man kann nicht Vernetzte
Sicherheit fordern und anschließend die NATO nur als militärisches
Bündnis begreifen. Das wird schief gehen, die wesentlichen
transatlantischen Diskussionen werden dann woanders ablaufen."[ 6 ]
Merkels Gedankenführung ist klar: Der Ansatz der Europäischen
Sicherheitsstrategie muss in der NATO-Strategie mehr Gewicht bekommen. Den
nicht-militärischen Fähigkeiten zur Krisenbewältigung muss ein
größeres Gewicht zukommen. Über solche Fähigkeiten verfügt die
Europäische Union, nicht aber die NATO. Zum Beispiel im Blick auf
Afghanistan:
Der sogenannte "Comprehensive Approach" der NATO muss im
Sinne der europäischen vernetzten Sicherheit ausgelegt werden. Dazu
brauchen die EU-Staaten mehr Gewicht und mehr Gehör in der NATO. Auch die
Lastenteilungsdebatte im Bündnis soll so zugunsten Europas verändert
werden, da die EU zivile Instrumente des Krisenmanagements einbringen
kann, die NATO aber nicht. Merkel verfolgt also das gleiche Ziel wie zehn
Jahre zuvor ihr Vorgänger Gerhard Schröder. Europa soll mehr Einfluss
und Gewicht in der NATO bekommen. Schröder verankerte diesen Anspruch
bereits ausführlich im Kommunique des NATO-Gipfels zum 50. Geburtstag der
Allianz [ 7 ], nicht aber in der NATO-Strategie. Das soll nun nachgeholt werden.
Mit französischer Unterstützung.
Frankreichs volle Rückkehr in die militärische Integration der NATO
soll ebenfalls das Gewicht Europas und der alten NATO-Mitglieder stärken.[ 8 ]
Gerade jetzt, da Washington die Grenzen seiner Macht deutlicher spürt.
Präsident Sarkozy pokert deshalb um den Preis für seinen Schritt:
Einfluss und wichtige NATO-Posten. Offeriert hat man ihm bereits die
Chefposten im Regionalkommando Lissabon und im Alliierten
Transformationskommando in Norfolk. Letzteres ist dem SACEUR, dem
amerikanischen NATO-Oberfehlshaber, formal gleichgestellt. Es hat zwar
keine operative Befugnis, aber substantiellen Einfluss: In Norfolk werden
künftige Operationsstrukturen und militärische Fähigkeiten der NATO
vorgedacht. Eine stärkere der Rolle Europas im Bündnis und der
nicht-militärischen Instrumente beim Krisenmanagement könnte von dort
aus gut vorangetrieben werden. Doch Sarkozy fordert bislang mehr. Er will
schon jetzt mehr Einfluss auch auf die Operationen der NATO.
Beide Vorstöße, der französische und der deutsche, könnten
verpuffen, weil sie zu kurz greifen. Im Kern zielen sie auf eine stärkere
Gewichtung Europas und der ESVP in der NATO. Viele andere substantielle
Probleme der Allianz werden auf diesem Wege aber nicht oder nur indirekt
angepackt. Hinter den europäischen Vorschlägen steht eher die Idee einer
evolutionären Weiterentwicklung der NATO-Strategie denn die eines
Neuentwurfes zur Lösung der strategischen Probleme. Das machte
Bundesverteidigungsminister Jung während der Sicherheitskonferenz
deutlich: "Es geht dabei mehr um eine Erneuerung des Bewährten, als
um eine vollständige Neuentwicklung. Fast alle zentralen Punkte des
Konzepts von 1999 sind weiterhin richtig."[ 9 ] Ob das reicht, um der NATO
neuen Lebensatem einzuhauchen darf bezweifelt werden. Ob es stimmt,
ebenfalls. Die Probleme sind wesentlich substantieller.
Eine europäische Rechnung ohne den amerikanischen Wirt?
Die NATO war und ist ein Militärbündnis unter Führung und Dominanz
der USA. Die US-Führung präsentierte sich in der Geschichte der NATO
teils stärker autoritär und zeitweilig stärker kooperativ, war aber zu
jeder Zeit präsent. Regionale Bündnisstrategien – so der Anspruch
Washingtons – müssen die nationale Strategie der USA implementieren
oder dürfen dieser zumindest nicht zuwiderlaufen. Der Erarbeitung einer
neuen NATO-Strategie kommt deshalb auch jenseits des Atlantiks große
Bedeutung zu. Man wird sie keinesfalls den Europäern überlassen oder auf
den Führungsanspruch Washingtons verzichten.[ 10 ]
Die neue Regierung unter Barack Obama hat bislang nur wenige Details zu
ihren Vorstellungen offiziell bekannt gemacht und ihr künftiges
Spitzenpersonal für die Zusammenarbeit in der NATO noch nicht benannt.[ 11 ]
Trotzdem sind erste Grundzüge zu erkennen: Washington will nach den
Jahren unilateralen Vorgehens unter Bush wieder kooperativer führen. Die
USA wollen Rüstungskontrolle und Abrüstung wieder ein stärkeres Gewicht
beimessen, vor allem im nuklearen Bereich.[ 12 ] Sie sind bereit, Europa
verstärkt zu konsultieren und häufiger zu gemeinsamen Beschlüssen in
der NATO zu kommen. Zugleich wird sich aber auch die neue US-Regierung das
Recht vorbehalten, notfalls im Alleingang zu entscheiden. Sie wird Europa
stärker fordern, sich an der Umsetzung von Beschlüssen der NATO zu
beteiligen – zum Beispiel im Blick auf Afghanistan, wo Washington seine
eigene Führungsrolle weiter ausweiten will. "Wir werden
partnerschaftlich zusammenarbeiten, wann immer wir können, und alleine
nur, wenn wir müssen," so fasste Vizepräsident Joseph Biden die
Position der neuen Regierung zusammen. "Amerika wird mehr tun, aber
Amerika wird auch mehr von seinen Partnern fordern."[ 13 ]
Konkreter als in der neuen Administration sind die U.S.-Vorstellungen
zur Zukunft der NATO in einflussreichen Instituten und Denkfabriken. Dort
sind Vorschläge entwickelt worden, auf die die neue Regierung
zurückgreifen kann.[ 14 ] Zwei wesentliche, aufeinander aufbauende
Studien [ 15 ]
gehen davon aus, dass die Probleme der NATO zu tiefgreifend seien, um sie
mit einer behutsamen Weiterentwicklung der NATO-Strategie wie 1999 in den
Griff zu bekommen. Sie schlagen vor, dass die NATO mit der Debatte um die
neue NATO-Strategie einen Neuansatz wagt. Das Stichwort dafür lautet
"Atlantic Compact", ein Atlantischer Vertrag.[ 16 ]
Ausgehend von der richtigen Beobachtung, dass die "Out of
Area-Einsätze" der NATO in den meisten NATO-Ländern von der
Bevölkerung nur widerwillig oder kaum mitgetragen werden, fordern die
Autoren, dass die Entwicklung einer neuen NATO-Strategie von einer breiten
öffentlichen Diskussion begleitet werden muss. Sie regen deshalb an, dass
zu der neuen Strategie ein Dokument gehören sollte, das die
Existenzberechtigung der NATO neu begründet und deren Aufgaben in einer
veränderten Welt so beschreibt, dass künftige Einsätze der NATIO auch
in der Öffentlichkeit wieder mehrheitsfähig werden können. Denn: Die
NATO sei ja noch im Geschäft, weil sie out of area tätig sei. Ihr Manko
und der Mangel an öffentlicher Legitimation sei vor allem der Tatsache
geschuldet, dass nur noch schwerlich zu erkennen sei, was die Allianz
"zuhause" – im Rahmen der kollektiven Verteidigung – leiste
und warum ihre globalen Missionen dafür erforderlich seien.
Heimatschutz, militärische Rohstoffsicherung und Krieg gegen den
Terror
Zuhause sei es weiterhin Aufgabe der NATO, das Staatsgebiet der
NATO-Mitglieder zu verteidigen und die Abschreckung zu gewährleisten.
"Eine NATO, die sich kontinuierlich erweitert ohne die Fähigkeiten
zu besitzen, ihre Kernaufgabe der Verteidigung eines erweiterten
Bündnisgebietes zu erfüllen, läuft Gefahr ein hohles Bündnis zu
werden. Mehr noch: Mangelndes Vertrauen in die Fähigkeit der NATO, diese
fundamentale Verpflichtung zu erfüllen, riskiert, einen andere
Schlüsselbereich und Zweck der NATO zu unterminieren – nämlich jene
Art von Renationalisierung europäischer Verteidigungs- und
konfligierender Sicherheitsgarantien zu verhindern, die Europa im
20.Jahrhundert in die Katastrophe führten."[ 17 ] Die NATO müsse deshalb
neben der Verteidigung des Territoriums ihrer Mitglieder, auch deren
"Connectedness", die Strukturen ihrer Vernetzung zum Gegenstand
der Verteidigung machen. Aufgabe sei es, den Zugang zur atlantischen
Region und deren Versorgung mit Rohstoffen zu sichern, "Homeland
Defense", also Heimatverteidigung gegen neue Gefahren wie
Cyberterrorismus oder terroristische Angriffe mit biologischen
Kampfmitteln, die Seuchen hervorrufen könnten bereitzustellen, sowie das
Ziel eines in Frieden lebenden, freiheitlichen Gesamteuropas zu vollenden.
Außerhalb des NATO-Gebietes gelte es, Krisen zu verhindern und zu
begegnen, Stabilisierungsoperationen durchzuführen und sicherzustellen,
dass die Vernetzung mit globalen Partnern gesichert bleibe. Neben der für
die Verteidigung Europas und das Krisenmanagement erforderlichen
NATO-Response Force seien gemeinsame Stabilisierungskräfte der NATO für
Aufgaben des Nation Buildings und des Wiederaufbaus von Konfliktregionen
erforderlich. Beides könne die NATO nur finanzieren, wenn sie
Einsparungen durch Auflösung überflüssiger Kommandoebenen realisiere
und die freiwerdenden Mittel zum Aufbau gemeinsam beschaffter
militärischer Fähigkeiten sowie zur Finanzierung gemeinsamer Operationen
nutze. Um solche Operationen praktikabler zu machen, sei – bis auf
Budgetentscheidungen – ein Abschied vom Konsensprinzip in der NATO
erforderlich. Im Blick auf Auslandseinsätze müsse jedem NATO-Mitglied
die Möglichkeit gegeben werden, sich aus der Operation ebenso wie aus den
Entscheidungen über diese herauszuhalten.
Auch dieser Ansatz für eine Wiederbelebung der NATO weist so deutliche
Schwächen auf, dass er keine befriedigende Lösung für alle
NATO-Mitglieder darstellen kann. Zum einen wird deutlich, dass es ihm vor
allem um eine Stärkung der militärischen Möglichkeiten der NATO geht,
zu der die europäischen Bündnispartner mehr beitragen sollen. Zum
anderen bleibt die Einsicht, dass Sicherheitspolitik angesichts neuer
Risiken immer stärker von der Verfügbarkeit und dem koordinierbaren
Einsatz nichtmilitärischer Mittel abhängt auf zwei Aspekte beschränkt:
Die Integration von Heimatschutzaufgaben in die Verteidigung des
Bündnisraumes und des zivilen Wiederaufbaus von ehemaligen Kriegsgebieten
in ein militärisch interpretiertes Sicherheitskonzept für
Auslandseinsätze. Beides hat mit dem europäischen Ansatz vernetzter
Sicherheit wenig zu tun. Es wäre mit diesem lediglich auf dem Wege
begrifflicher Formelkompromisse kombinierbar. Die von Europa gewünschte
Stärkung des Gewichtes der ESVP als Beitrag zur NATO wird neglegiert.
Alle damit verbundenen Fragestellungen werden in ein noch auszuarbeitendes
Konzept für eine Stärkung der Beziehungen zwischen der EU und den USA
ausgelagert. Als Basis für eine breite öffentliche Diskussion über die
künftige Legitimation der NATO in den USA mag ein solcher Ansatz
vielleicht taugen; in den meisten Staaten Europas taugt er sicher nicht.
Russland - Eine entscheidende Leerstelle
Die europäischen und die US-Vorschläge für eine Neubelebung der NATO
weisen zudem eine ähnliche Schwachstelle auf. Sie zielen auf Basis der
jeweiligen Interessenslage darauf, multilaterale und kooperative Elemente
innerhalb der Allianz zu stärken. Ein effizienter Multilateralismus mit
Akteuren außerhalb der NATO wird mit diesen Vorschlägen aber nicht
ernsthaft angestrebt. Am deutlichsten wird dies, wenn es um das
Verhältnis zu Russland geht. Hier werden einerseits Vorschläge
entwickelt, wie dieses Verhältnis wieder kooperativer gestaltet und
aufgewertet werden könnte. Ideen zu einer Wiederbelebung der
Rüstungskontrolle (nukleare Abrüstung, Überarbeitung des Regimes über
Konventionelle Streitkräfte in Europa) und das politische Versprechen
einer substantielleren strategischen Partnerschaft mit Russland sollen
diesen Ansatz ebenso implementieren wie die Betonung der Notwendigkeit in
Fragen von strategischer Bedeutung (Klimawandel, Terrorismusbekämpfung,
Nichtverbreitung etc) zusammenarbeiten zu wollen. Doch über das – aus
Moskauer Sicht - Russlands Interessen immer wieder neglegierende und damit
enttäuschende NATO-Russland Verhältnis der Clinton-Jahre gehen sie nicht
wirklich hinaus. Die NATO soll Georgien und die Ukraine weiterhin gegen
russische Bedenken aufnehmen, wenn auch erst zu einem späteren Zeitpunkt.
Sie soll keine russische Einflusszone anerkennen oder Russland kein Veto
über die Politik unabhängiger Staaten einräumen.[ 18 ] Der NATO-Russland-Rat
wird – so er denn noch Erwähnung findet - als Konsultationsgremium
betrachtet und nicht als Ort, an dem die NATO Mitglieder mit Russland
gemeinsam Entscheidungen vorbereiten und treffen könnten.[ 19 ] Sorgfältig
wird der Eindruck vermieden, dass Partnerschaft mit Russland künftig ein
gleichberechtigtes Miteinander implizieren könnte.
Russland sieht deshalb wenig Anlass, von der Befürchtung abzurücken,
dass trotz veränderter Rhetorik viele Grundlinien der westlichen Politik
unverändert auf eine Eindämmung des russischen Einflusses und der
russischen Handlungsoptionen ausgerichtet bleiben. Der Ton wird zwar
moderater, die Praxis und die Ziele aber bleiben aus russischer
Wahrnehmung unverändert. Russlands Antwort auf neue
rüstungskontrollpolitische Initiativen wird deshalb zurückhaltend
ausfallen. Moskau wird den Ton mäßigen, aber zunächst in der Sache hart
bleiben und abwarten, ob sich auch in der westlichen Praxis Änderungen
ergeben, die darauf hindeuten, dass russische Interessen ernster genommen
werden. Einzelne westliche Stimmen mahnen ein solches Vorgehen indirekt
an. So schlägt eine gemeinsame Studie der Bertelsmann-Stiftung und des
einflussreichen US-Think Tanks RAND u.a. vor, einen NATO-EU-Russland-Rat
einzurichten, in dem ein breiteres Spektrum von Themen gemeinsam
bearbeitet werden könnte als im NATO-Russland-Rat.[ 20 ] Das erlaube auch die
Behandlung von Fragen, bei denen beide Seiten ein verstärktes Interesse
an Zusammenarbeit haben. Aus russischer Sicht wird die westliche Reaktion
auf den Vorschlag des russischen Präsidenten Medwedew, über eine neue
europäische Sicherheitsarchitektur und einen europäischen
Sicherheitsvertrag nachzudenken, voraussichtlich der wichtigste Gradmesser
für eine Beurteilung des westlichen Interesses an verstärkter
Kooperation werden.
NATO Reborn? – NATO Reset!
Bislang gibt es nur wenige Anzeichen, dass die Diskussion über eine
neue NATO-Strategie der Allianz in überzeugender Weise neues Leben
einhauchen könnte. Viele Vorschläge deuten auf ein verkapptes
"Weiter so", verpackt in eine weichere Sprache und unter
Ausklammerung der problematischsten Fehlentwicklungen der letzten Jahre.
Wirklich Neues im Sinne einer kooperativen Steuerung europäischer
Sicherheitspolitik in eine von effizientem Multilateralismus und
Multipolarität geprägte Welt, in der nichtmilitärischen Instrumenten
eine wachsende und militärischen Instrumenten eine abnehmende Bedeutung
zukommt, ist derzeit kaum zu erkennen. Es scheint, die NATO soll sich
weiter durchwursteln. Eine NATO Reborn – so der Titel einer wichtigen
Studie aus den USA – soll das Ergebnis sein. "NATO Reset"
wäre der passendere Titel für die derzeitigen Vorschläge, die zu
großen Teilen bei der NATO-Politik der Clinton-Jahre erneut ansetzen. Wer
Microsoft Windows nutzt, kann das Ergebnis eines "Resets"
erahnen: Es könnte laufen. Bis zum nächsten Crash.

ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für
Transatlantische Sicherheit – BITS
|
Fußnoten:
[ 1 ] Franz Josef Jung: Zehn Punkte
für ein strategisches Konzept der NATO, 8.2.2009: http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/.......
[ 2 ] Dieser Beitrag versucht
nicht, die Rolle der NATO kritisch zu untersuchen; zu dieser
Frage gibt es hinlänglich viele Analysen. Gegenstand dieses
Beitrages sind die internen und immanenten Widersprüche,
die sich aus der erweiterten Aufgabenstellung der NATO
ergeben.
[ 3 ] Auf alle den NATO-Einsatz in Afghanistan
betreffenden Fragen wird in diesem Beitrag nur am Rande
eingegangen, da sich Jürgen Wagner in diesem Heft mit
diesem Thema befasst.
[ 4 ] Manche verstiegen sich sogar zu der Aussage, sei
rechtmäßig gewesen. Um diesen Eindruck zu stärken, wurde
die Diskussion über eine Responsibility to Protect (R2B)
begonnen, deren Ziel es war, für den Fall von Völkermord
oder Massenvertreibungen eine völkerrechtliche Pflicht zu
militärischer Intervention von außen zu postulieren.
[ 5 ] Unter der Adresse http://www.bits.de/main/archive/nato_strategy.htm
entsteht derzeit ein Archiv, das die wesentlichen Dokumente,
Studien und Analysen zu dieser Debatte von einem Ort aus
zugänglich machen soll, soweit diese elektronisch
verfügbar sind.
[ 6 ] Merkel, Angela: Rede auf der 45. Münchener
Sicherheitskonferenz, München, 7.2.2009
[http://www.securityconference.de/konferenzen/.......
]
Im weiteren erläuterte Merkel, was dies impliziere: "Das
neue strategische Konzept der NATO muss nun diesem Konzept der
Vernetzten Sicherheit entsprechen und ihm näher kommen. (...)
Die NATO muss ein Ort politischer Diskussionen sein. Man kann
nicht Vernetzte Sicherheit fordern und anschließend die NATO
nur als militärisches Bündnis begreifen. Das wird schief
gehen, die wesentlichen transatlantischen Diskussionen werden
dann woanders ablaufen." Krisenbewältigung und
Krisenprävention müssten durch ein Miteinander von
politischen, entwicklungspolitischen, polizeilichen, zum Teil
kulturpolitischen und, wo nötig, natürlich auch
militärischen Maßnahmen erfolgen. Den nicht-militärischen
Fähigkeiten zur Krisenbewältigung muss ein größeres
Gewicht zukommen. Über solche Fähigkeiten verfügt die
Europäische Union, nicht aber die NATO. Zum Beispiel im Blick
auf Afghanistan: Der sogenannte "Comprehensive
Approach" der NATO muss im Sinne der europäischen
vernetzten Sicherheit ausgelegt werden. Dazu brauchen die
EU-Staaten mehr Gewicht und mehr Gehör in der NATO. Auch die
Lastenteilungsdebatte im Bündnis soll so zugunsten Europas
verändert werden, da die EU zivile Instrumente des
Krisenmanagements einbringen kann, die NATO aber nicht. Dieser
Ansatz unterscheidet sich von dem der USA, die in diesem
Kontext bislang auf zivil-militärische Zusammenarbeit unter
Führung des Militärs setzen und davon ausgehen, man könne
sich geeignete Fähigkeiten der Europäischen Union im Sinne
des Werkzeugkastens "ausleihen".
[ 7 ] Auf dem Washingtoner Gipfel zum 50. Geburtstag der
NATO wurde 1999 sowohl ein ausführliches Gipfelkommunique
als auch die derzeit gültige NATO-Strategie verabschiedet.
Während letztere – wegen der Konzentration um den
Kosovo-Krieg - kaum diskutiert und durchgewunken wurde, gab
es im Blick auf das Kommunique eine intensive Debatte um die
Passagen zur Darstellung und Wertung der gerade entstehenden
ESVP. Dabei setzten sich die EU-Staaten mit ihrem
Textvorschlag durch. Dieser wurde aber nicht in die neue
NATO-Strategie überführt. Vgl. die relevanten Passagen des
Gipfelkommuniques http://www.bits.de/CESD-PA/11-2e-f.html
und den damals abgelehnten Alternativentwurf, der die
Europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität
traditionell beschrieb: http://www.bits.de/CESD-PA/11-1e-f.html
. Letzterer findet sich aber weiterhin in der
NATO-Strategie, die ebenfalls verabschiedet wurde: http://www.bits.de/CESD-PA/10e-f.html
.
[ 8 ] Zu den Motiven der französischen Rückkehr in die
militärische Integration der NATO vgl. Kempin, Ronja:
Frankreichs neuer NATO-Kurs – Sinneswandel, Pragmatismus,
Politik für Europa?, Stiftung Wissenschaft und Politik,
SWP-Studie S 2, Berlin, Februar 2009
[ 9 ] Franz Josef Jung: Rede bei der 45. Münchener
Sicherheitskonferenz, München, 8.2.2009. Vgl. http://www.securityconference.de/konferenzen/........
[ 10 ] Die Regierung Obama ist per Gesetz
verpflichtet, in den Jahren 2009 und 2010 einen neuen Quadrennial Defense
Review und einen neuen Nuclear Posture Review vorzulegen. Beide Dokumente
haben strategischen Charakter und werden Einfluss auf die US-Position in der
Debatte über eine neue NATO-Strategie haben. Ob die Regierung Obama die
Tradition der Regierung Bush weiterführt, regelmäßig "Nationale
Strategien" für die verschiedenen Bereiche der US-Sicherheitspolitik
vorzulegen, ist derzeit nicht bekannt.
[ 11 ] Die bekannten Personalien lassen für das erste Jahr der neuen
Regierung mehr Kontinuität denn Wandel erwarten: Verteidigungsminister Gates
bleibt zunächst. Mit James Jones wurde ein ehemaliger NATO-Oberbefehlshaber
Nationaler Sicherheitsberater Obamas. Mit Michelle Flourney ist eine enge
Vertraute Obamas im Verteidigungsministerium stellvertretende Ministerin für
"Politik", die zugleich auf substantielle Erfahrungen in der
Strategie-, Streitkräfte- und Rüstungsplanung unter Clinton zurückgreifen
kann.
[ 12 ] Dazu gehört die Wiederbelebung der längerfristigen Vision
vollständiger nuklearer Abrüstung und die Idee, Russland vorzuschlagen, in
einem nächsten Schritt eine beiderseitige Abrüstung auf je 1.000
Nuklearwaffen aller Reichweiten vorzunehmen.
[ 13 ] Joseph R. Biden: Speech at the 45th Munich
Security Conference, München, 7.2.2009. Vgl.: http://www.securityconference.de/konferenzen/........
[ 14 ] In der atlantischen Community Washingtons gibt es
eine relativ breite parteiübergreifende Übereinstimmung.
[ 15 ] Richard L. Kugler and Hans Binnendijk: Toward a New Transatlantic
Compact, Center for Technology and National Security Policy, National Defense
University, Washington DC, August 2008 http://www.ndu.edu/ctnsp/Def_Tech/DTP%2052%20NATO%20Concept%20and%20Compact.pdf
Daniel Hamilton et al.: Alliance Reborn: An Atlantic Compact for the 21st
Century, The Washington NATO Project (ACUS, CSIS, CTNSP, CTR), Washington DC,
February 2009 http://www.ndu.edu/ctnsp/pubs/NATO%202-24-09%20FINAL%20DRAFT.pdf
[ 16 ] Unklar bleibt, ob bei der Auswahl dieses
Begriffes in Anlehnung an den "Afghanistan Compact" der NATO den
Autoren deutlich war, dass sie ohne Not die Assoziation wecken, dass in beiden
Fällen eine äußerst unbefriedigende Ausgangslage zur der Notwendigkeit eines
Compacts führte.
[ 17 ] Daniel Hamilton et al.: a.a.O. S.23
[ 18 ] Dies wird vor allem mit dem Völkerrecht und politischen Deklarationen
wie der Pariser OSZE-Charta begründet. Unklar bleibt, woher die NATO die Chuzpe
nimmt, Russland zu Einhaltung solcher Regeln zu ermahnen, während sie selbst
ähnliche Regeln bis in die jüngste Vergangenheit brach.
[ 19 ] Russland wurde eine solche Erweiterung der Funktion des
NATO-Russland-Rates zwar anlässlich der 2.Erweiterungsrunde der NATO
versprochen, aber nie umgesetzt. Bis heute werden auf Wunsch der neuen
NATO-Mitglieder im NATO-Russland-Rat nur Themen zur Konsultation auf die
Tagesordnung gesetzt, bei denen die NATO-Staaten bereits eine gemeinsame
inhaltliche Position vertreten.
[ 20 ] Stephen F. Larabee and Julian Lindlay-French: Revitalizing the
Transatlantic Security Partnership – An Agenda for Action,
Bertelsmann-Stiftung Venusberg-Gruppe und Rand Corporation, Gütersloh/Santa
Monica, February 2009
|