"Bedingt einsatzbereit"
Otfried Nassauer über falsche
Prioritäten bei der Diskussion über die
Ausrüstung der Bundeswehr mit Kampfdrohnen
Ursula von der Leyen hat es versprochen. Thomas de Maiziere ebenfalls.
Es steht sogar im Koalitionsvertrag: In Deutschland soll es eine breite
öffentliche Diskussion über die
sicherheitspolitischen, rechtlichen und ethischen Aspekte bewaffneter
Drohnen geben, bevor die Bundeswehr solche Waffen anschaffen darf.
Diese Diskussion ist sinnvoll. Die Einsätze von Kampfdrohnen
durch die USA haben deutlich gemacht, wie problematisch und
rechtswidrig der Einsatz dieser Waffenart sein kann.
Der Bundestag wird heute neun Sachverständige zu diesem Thema
anhören. Sie sollen bei der Entscheidung helfen, ob die
Politik auf den Wunsch der Bundeswehr nach bewaffneten Drohnen eingehen
soll. Ist das der richtige Schwerpunkt? Ich meine: Nein.
Zur Ausgangslage: Die Bundeswehr will drei Aufklärungsdrohnen
kaufen, die man später auch bewaffnen kann, wenn man es
für nötig hält. Bis Ende dieses Jahres soll
geklärt werden, ob dafür Drohnen des amerikanischen
Typs Reaper oder Systeme aus Israel angeschafft werden. An beide kann
man Waffen hängen. Vorausgesetzt man bekommt sie auch. Das ist
nicht sicher, denn die USA haben anderen NATO-Partnern diesen Wunsch
bereits versagt. Deutschland hat bislang nicht nach Waffen gefragt.
Einsatzort wären die Auslandsmissionen der Bundeswehr, zum
Beispiel in Afghanistan.
Nach 2020 will die Bundeswehr weitere Drohnen beschaffen. Deshalb muss
in einem zweiten Schritt entschieden werden, ob europäische
Rüstungsunternehmen bis dahin eine neue Drohne entwickeln
sollen, die ebenfalls bewaffnet werden kann oder ob man erneut im
Ausland kaufen will.
Beide Entscheidungen sollen bald fallen. Europas Industrie
drängelt - obwohl derzeit noch kein Experte sagen kann, ab
wann große Drohnen in Europa überhaupt
außerhalb von gesperrten Lufträumen fliegen
dürfen. Bislang kann auch niemand im Detail vorhersagen,
welche technischen Systeme entwickelt werden müssen, damit
Drohnen anderen Luftfahrzeugen jederzeit rechtzeitig und sicher
ausweichen können. Ob und ab wann der geplante Einheitliche
Europäische Luftraum gemeinsam von Passagierflugzeugen und
Drohnen genutzt werden kann, steht also technisch wie zeitlich noch in
den Sternen. Experten meinen, für die Lösung der
Probleme brauche es mindestems zehn Jahre, wenn nicht deutlich mehr.
Ein zweites scheint mir aber mindestens ebenso wichtig:
Rüstungskontrollpolitik war und ist ein wichtiger Bestandteil
deutscher Sicherheitspolitik. Es wäre also angesichts der nur
bedingt vorhandenen Einsatzbereitschaft von Drohnen am Himmel
über Europa naheliegend, darüber zu diskutieren, ob
Deutschland nicht besser ein völkerrechtliches Verbot der
umstrittenen Kampfdrohnen anregen sollte. Jedenfalls
naheliegender, als primär über deren
Beschaffung für die Bundeswehr zu debattieren. Bisher besitzen
ja nur ganz wenige Staaten bewaffnete Drohnen. Viele andere
überlegen noch, ob sie solche Waffen anschaffen sollen. Je
mehr sich dafür entscheiden, Kampfdrohnen
einzuführen, desto schneller schwindet der
militärische Vorteil, den Besitzer bewaffneter Drohnen heute
noch haben. Noch besteht die Chance, ein internationales Verbot
für bewaffnete Drohnen zu erreichen. Gehören sie erst
einmal zur Standardausrüstung vieler Armeen, ist ein Verbot
viel schwerer zu erreichen.

ist
freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum
für Transatlantische Sicherheit - BITS
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