Streumunition: Die Bundeswehr hält sich ein Hintertürchen offen
Warten auf moderneren Ersatz
von Otfried Nassauer
Der Vorsatz ist lobenswert: Die Bundeswehr will ihre Streumunition schrittweise
ausmustern. Dann jedenfalls, wenn sich das Material nicht mit mindestens 99-prozentiger
Wahrscheinlichkeit kurz nach dem Auftreffen selbst zerlegt. Wie Landminen könnte sie
sonst noch lange nach einem Krieg als tödliche Gefahr auf menschliche Opfer lauern. Dazu
ist das Militär bereit - im Prinzip.
Erinnern wir uns: Als die Grünen im Frühsommer beim Raketenabwehrsystem Meads
einknickten, wurde ihnen zugesagt, dass Minen und Streumunitionen beschleunigt außer
Dienst gestellt würden. Die Submunitionen für den Tornado 2013-15, wenn die letzten
dieser Jagdbomber ausgemustert werden. Zudem soll der Bestand an Panzerabwehrminen bis
2010 halbiert werden. Probleme hat der Bund mit seinem Raketenwerfer "Mars".
Dessen M26-Raketen tragen Streumunition vom Typ M77. Dank ihrer sehr hohe Fehlerquote sind
sie ein Musterbeispiel dafür, warum der Einsatz von Streumunition begrenzt wird. Nach den
neuen Regeln dürfte das Militär diese Raketen überhaupt nicht mehr einsetzen. Deshalb
sind sie auch "für den Einsatz zunächst nicht mehr vorgesehen". Zunächst? Da
wird eine Hintertür offen gehalten.
Da zu den Einsätzen der Bundeswehr auch solche "hoher Intensität" im Rahmen
der Nato gehören, kann "zurzeit auf die Möglichkeit eines Einsatzes von
Streumunition" nicht verzichtet werden. Schließlich kann man einen Raketenwerfer
nicht ohne Ladung einsetzen. Die Suche nach Ersatz geht in zwei Richtungen. Ab 2009 will
der Bund eine neue Rakete mit größerer Reichweite und neuen
"Smart"-Submunitionen beschaffen. Die sollen eine Fehlerquote von weniger als
einem Prozent haben. Ersatz wird aber auch für die M26-Rakete mit ihren M77-Munitionen
gesucht. Kann deren Fehlerquote gesenkt werden? Noch grübelt das Militär. Der Grund ist
einfach: Abgerüstet wird nur, wenn Waffen nicht mehr benötigt werden oder modernerer
Ersatz gefunden ist. Trotz aller guten Vorsätze.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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