Gastbeitrag
Streitkräfte und Strategien - NDR info
21. März 2015


Trotz Erhöhung des Verteidigungshaushalts
Kein Ende der Ausrüstungs-Misere?

Andreas Flocken


Die Bundeswehr hat einen mächtigen Schluck aus der Pulle genommen. Das Kabinett hat in dieser Woche die Eckwerte für die nächsten Haushalte beschlossen. Zwischen 2016 und 2019 soll es rund 8 Milliarden Euro mehr geben als ursprünglich geplant.  Für das kommende Jahr wird die Bundeswehr 1,2 Milliarden Euro zusätzlich bekommen. Politiker der Koalitionsparteien sprechen von einer überfälligen Maßnahme angesichts der Ukraine-Krise und anderer internationaler Konflikte. Und auch Verteidigungsministerin von der Leyen ist zufrieden:

O-Ton von der Leyen
„Das ist ein ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung, nämlich weg von dem Trend der Mangelverwaltung hin zu einem neuen Trend, dass wir auch tatsächlich die zunehmend hohlen Strukturen wieder auffüllen können.“

Doch wer nun glaubt, dass angesichts der zusätzlichen Mittel die Negativ-Schlagzeilen über diverse Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr ein Ende haben werden, der könnte auf dem Holzweg sein. So sieht es jedenfalls der Verteidigungs- und Haushaltspolitiker der Grünen, Tobias Lindner:

O-Ton Lindner
„Wenn man eine gute Ausstattung der Truppe will, dann muss man vor allem  gucken, dass Wartung und Instandsetzung der Truppe funktionieren. An dieser Stelle bräuchte man tatsächlich mehr Mittel für den Materialerhalt. Aber aus den Etaterhöhungen soll da, wo wir es sehen, kein einziger Euro reinfließen… Nach allem was wir heute wissen, man muss sagen - wir kennen bisher nur die Eckwerte, es heißt ja auch Eckwertebeschluss - gehen von den 1,2 Mrd. Euro mehr als 800 Millionen in Tariferhöhungen für die Soldatinnen und Soldaten. Damit ist erst einmal der gröbste Teil des Geldes weg."

Und auch Wirtschaftsminister Gabriel sieht die Bundeswehr keineswegs auf einem Modernisierungskurs:

O-Ton Gabriel
„Selbst mit dem, was wir jetzt machen, liegen wir, gemessen an den Kriterien innerhalb der NATO, immer noch auf dem Abbaupfad der Verteidigungsausgaben und nicht etwa auf einem Aufbaupfad.“

Nach Ansicht von Tobias Lindner ist  daher eine Trendwende nicht erkennbar. Für den  Grünen-Politiker agiert die Bundeswehrführung weiterhin ohne einen Plan:

O-Ton Lindner
„Interessant ist, dass in den Begründungen des Kabinettsbeschlusses noch von der Stärkung der verteidigungsinvestiven Ausgaben geredet wird. Und hinten in den Zahlen findet sich ein ominöser Posten, bezeichnet als Mehrausgaben für Zukunftsinvestitionen. Auf meine Frage im Ausschuss, wofür diese Mehrausgabe verwandt werden soll, konnte man mir allerdings gar nichts sagen. Ich glaube, das Verteidigungsministerium weiß selbst noch nicht so genau, wofür es das zusätzliche Geld verwenden will."

Vermutlich auch, weil die Bundeswehr heillos von der Rüstungsindustrie abhängig ist. In den vergangenen zwei Jahren konnten bewilligte Mittel in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro nicht ausgegeben werden, weil  bestellte Waffensysteme nicht wie vereinbart ausgeliefert wurden. Daran wird sich vermutlich auf absehbare Zeit nichts ändern wird. Beispiel das neue Transportflugzeug: So wie es aussieht wird die Luftwaffe in diesem Jahr vergeblich auf die zugesagten fünf A400M Transporter warten. Schlecht für die Bundeswehr, gut für den Finanzminister.

Das Interview mit Tobias Lindner zum Verteidigungshaushalt finden Sie übrigens auf der Internetseite von Streitkräfte und Strategien unter ndr.de/info.


 

Andreas Flocken ist Redakteur für die Hörfunk-Sendung "Streitkräfte und Strategien" bei NDRinfo.