Neue Presse Hannover - Interview
18. September 2009


Obama verzichtet auf Raketenabwehr in Polen

Interview mit Otfried Nassauer

Neue Presse: Braucht die Nato eine neue „strategische Vision“, wie sie die USA fordern?

Nassauer: Die Nato hat nach 15 Jahren, in denen sie jetzt außerhalb des eigentlichen Verteidigungsgebietes im Einsatz war, wachsende Legitimationsprobleme. Der Öffentlichkeit konnten diese „out of area“- Einsätze nie ausreichend begründet werden, weshalb vor allem in Europa die Unterstützung bröckelt.


Was steckt hinter Obamas Raketenabwehr-Stopp in Osteuropa?

Nassauer: Obama hatte im Wahlkampf angekündigt, dass er die Pläne seines Vorgängers überprüfen wolle. Seine Regierung beurteilt die iranische Raketenentwickung weniger alarmistisch. Sie glaubt, dass der Iran in den nächsten Jahren nur Mittelstrecken- nicht aber Langstreckenraketen bauen kann. Gegen Mittelstreckenraketen sollen sich künftig auch die Abwehrsysteme richten.


Hat die Gefahr für die USA durch den Iran jemals bestanden?

Nassauer: Das ist in Teilen Europas immer bezweifelt worden. Aber Polen und Tschechien hätten dieses System ganz gern gehabt, weil sie sich so mehr Einfluss und Sicherheit vor Russland erhofften. Ein Grund dafür, dass Moskau so skeptisch war.


Was bedeutet das für die amerikanisch-russischen Beziehungen?

Nassauer: Es bewirkt eine Entspannung. Aber Vorsicht: Das Projekt wird nicht aufgegeben, sondern nur zurückgestellt. Ziel ist es, die Verhandlungen über strategische atomare Abrüstung in ein günstiges klimatisches Umfeld zu stellen. Da will man schnell vorankommen und Ende des Jahres ein neues Abkommen präsentieren, weil der START-1-Vertrag ausläuft.


Macht sich Obama damit nur Freunde?

Nassauer: Dass Polen und Tschechien nicht ganz glücklich sind, hat damit zu tun, dass sie gern eine amerikanische Außenpolitik hätten, die sich gegen Russland richtet. Also Sicherheit vor Russland schafft . Außerdem befürchten sie, dass die Amerikaner jetzt auch Abstand von den Gegenleistungen nehmen, die sie für die Stationierungserlaubnis versprochen haben.


Wohin führt die neue US-Sicherheitspolitik?

Nassauer: Die Regierung Obama hat sich entscheiden, die Konfrontationslinien seines Vorgängers aufzubrechen. Dazu gehören direkte Gespräche mit Nordkorea und mit dem Iran. Das Ziel ist, über eine stärkere Nutzung diplomatischer Instrumente politische Lösungen zu finden. Obama will Rüstungskontrolle und – abrüstung, weil das die Welt deutlich sicherer machen kann.

Das Interview führte Petra Rückerl


 

ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS