Obama verzichtet auf Raketenabwehr in Polen
Interview mit Otfried Nassauer
Neue Presse: Braucht die Nato eine neue
„strategische Vision“, wie sie die USA fordern?
Nassauer: Die Nato hat nach 15 Jahren, in denen sie
jetzt außerhalb des eigentlichen Verteidigungsgebietes im Einsatz
war, wachsende Legitimationsprobleme. Der Öffentlichkeit konnten
diese „out of area“- Einsätze nie ausreichend begründet werden,
weshalb vor allem in Europa die Unterstützung bröckelt.
Was steckt hinter Obamas Raketenabwehr-Stopp in Osteuropa?
Nassauer: Obama hatte im Wahlkampf angekündigt,
dass er die Pläne seines Vorgängers überprüfen wolle.
Seine Regierung beurteilt die iranische Raketenentwickung weniger alarmistisch.
Sie glaubt, dass der Iran in den nächsten Jahren nur Mittelstrecken-
nicht aber Langstreckenraketen bauen kann. Gegen Mittelstreckenraketen
sollen sich künftig auch die Abwehrsysteme richten.
Hat die Gefahr für die USA durch den Iran jemals bestanden?
Nassauer: Das ist in Teilen Europas immer bezweifelt
worden. Aber Polen und Tschechien hätten dieses System ganz gern
gehabt, weil sie sich so mehr Einfluss und Sicherheit vor Russland erhofften.
Ein Grund dafür, dass Moskau so skeptisch war.
Was bedeutet das für die amerikanisch-russischen Beziehungen?
Nassauer: Es bewirkt eine Entspannung. Aber Vorsicht:
Das Projekt wird nicht aufgegeben, sondern nur zurückgestellt. Ziel
ist es, die Verhandlungen über strategische atomare Abrüstung
in ein günstiges klimatisches Umfeld zu stellen. Da will man schnell
vorankommen und Ende des Jahres ein neues Abkommen präsentieren,
weil der START-1-Vertrag ausläuft.
Macht sich Obama damit nur Freunde?
Nassauer: Dass Polen und Tschechien nicht ganz glücklich
sind, hat damit zu tun, dass sie gern eine amerikanische Außenpolitik
hätten, die sich gegen Russland richtet. Also Sicherheit vor Russland
schafft . Außerdem befürchten sie, dass die Amerikaner jetzt
auch Abstand von den Gegenleistungen nehmen, die sie für die Stationierungserlaubnis
versprochen haben.
Wohin führt die neue US-Sicherheitspolitik?
Nassauer: Die Regierung Obama hat sich entscheiden,
die Konfrontationslinien seines Vorgängers aufzubrechen. Dazu gehören
direkte Gespräche mit Nordkorea und mit dem Iran. Das Ziel ist, über
eine stärkere Nutzung diplomatischer Instrumente politische Lösungen
zu finden. Obama will Rüstungskontrolle und – abrüstung, weil
das die Welt deutlich sicherer machen kann.
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Das Interview führte Petra Rückerl |
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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