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Flugplatz |
Land |
Unterflur- |
Waffen gelagert |
Waffen lagerbar |
Einheiten und Status |
Buechel |
D |
11 |
20 |
44 |
Jabo-Geschwader 33 der Bundeswehr mit Tornado-Flugzeugen, Nuklearwaffenlager aktiv; Wacheinheit der USAF: 702 MUNSS (ehem. 817. MUNSS); Geschwader soll ab 2012-2015 auf nicht-nukleare Eurofighter umgerüstet werden. |
Ramstein |
D |
54* |
0 |
0 |
86. Lufttransportgeschwader, USAF mit C-130-Transportern, früher zuständig für Nuklearwaffentransporte in Europa; Sembach Annex: mögl. neuer Standort 38. MMG |
Kleine Brogel |
BE |
11 |
20 |
44 |
10. Taktisches Geschwader der Belgischen Luftwaffe mit F-16 Flugzeugen, Nuklearwaffenlager aktiv; Wacheinheit der USAF: 701 MUNSS (ehem.52.MUNSS) |
Volkel |
NL |
11 |
20 |
44 |
1. Jagdbombergeschwader der Holländischen Luftwaffe mit F-16 Flugzeugen. Aktiv. Wach-einheit der USAF: 703. MUNSS (ehem. 752.MUNSS) |
Lakenheath |
UK |
33 |
110 |
132 |
48. Jagdbombergeschwader der US-Luftwaffe mit F-15E-Flugzeugen, Nuklearwaffenlager aktiv |
Aviano |
IT |
18 |
50 |
72 |
31. Jagdbombergeschwader der US-Luftwaffe mit F-16 Flugzeugen, Nuklearwaffenlager aktiv |
Ghedi-Torre |
IT |
11 |
40 |
44 |
6. Geschwader der Italienischen Luftwaffe mit Tornado-Flugzeugen, Nuklearwaffenlager aktiv. Wacheinheit der USAF: 704. MUNSS (ehem. 31. MUNSS) |
Araxos |
GR |
6 |
0 |
0 |
116. Geschwader der Griechischen Luftwaffe mit A-7 Corsair II Flugzeugen, Nuklearwaffenlager inaktiv. Wacheinheit der USAF: 731.MUNSS (2001 geschlossen) |
Incirlik |
TR |
25 |
90 |
100 |
Rotierende Einheiten der US-Luftwaffe, Nuklearwaffenlager aktiv |
Memmingen |
D |
0 |
0 |
0 |
Ehem. Jabo-Geschwader 34 der Bundeswehr mit Tornado, Nuklearwaffenlager inaktiv – Standort 2003 aufgelöst. |
Noervenich |
D |
11 |
0 |
0 |
Jabo-Geschwader 31 mit Tornado-Flugzeugen, Nuklearwaffenlager inaktiv, keine Wacheinheit der USAF, wird ab 2009 auf nicht-nukleare Eurofighter umgerüstet. |
Murted/Akinci |
TR |
6 |
0 |
0 |
4. Geschwader der Türkischen Luftwaffe mit F-16 Flugzeugen, Nuklearwaffenlager inaktiv. keine Wacheinheit der USAF |
Balikesir |
TR |
6 |
0 |
0 |
9. Geschwader der Türkischen Luftwaffe mit F-16-Flugzeugen, Nuklearwaffenlager inaktiv. keine Wacheinheit der USAF |
Spangdahlem |
D |
0 |
0 |
0 |
52. Taktisches Geschwader der USAF mit F-16 (ehem F-16C/D; jetzt F-16 CJ Wild Weasel-Version); 38.Munitions Maintenance Group seit 24.7.04 europaweiter Stab für MUNSS. Geht möglw. nach Sembach (Ramstein AB). |
Gesamt: ** |
NATO |
120 akt. +83 inakt. |
350 |
480 akt. 332inakt. |
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* plus ein weiteres Magazin für Ausbildungs- und Übungszwecke.
2. Notwendige Entscheidungen
Nun zu Ihrer zweiten Frage: Welche Entscheidungen stehen in der NATO an und was sind die Alternativen? Zur Entscheidung stehen drei eng miteinander verbundene Fragen, auf die ich getrennt eingehen möchte:
Hinter all diesen Fragen steht natürlich die eingangs erwähnte Grundsatzentscheidung: Sollen Deutschland und die NATO an der nuklearen Teilhabe festhalten oder soll diese aufgegeben und die Bundesrepublik zu einem nuklearwaffenfreien Land werden. Zu den Einzelfragen:
2.1. Trägerflugzeuge
Ich beginne mit den Trägerflugzeugen. Die für die nukleare Teilhabe genutzten Tornado-Jets in Büchel veralten und müssen abgelöst werden. In Büchel sollte das nach Bundeswehrplänen aus dem Jahr 2001 ab 2012 geschehen. Es wird wohl später werden, da das Eurofighter-Programm inzwischen bis zu zwei Jahre Verzug aufweist. Die Tornados sollen sukzessive außer Dienst gestellt und durch nicht-nuklearfähige Luft-Boden-Versionen des Eurofighters ersetzt werden. Zugleich muss die Infrastruktur des Fliegerhorstes auf das neue Flugzeugmuster umgestellt werden.
SPD und Auswärtiges Amt hoffen, dass die nukleare Aufgabe der Bundesluftwaffe im nächsten Jahrzehnt damit einfach ausläuft und Deutschland auf dem Wege der Macht des Faktischen zu einem atomwaffenfreien Land wird. Doch es werden auch andere Optionen diskutiert. Die Bundeswehr will insgesamt 85 Tornados weiter nutzen, darunter auch nuklearfähige Versionen vom Typ IDS. Mit diesen Flugzeugen könne die Beteiligung an der nuklearen Teilhabe noch bis oder über das Jahr 2020 hinaus gewährleistet werden. Noch gebe es deshalb keine Notwendigkeit, über die Beschaffung neuer Flugzeuge zu entscheiden, die Nuklearwaffen tragen können.
Doch ganz so einfach ist es nicht. Die restlichen Tornados will die Luftwaffe auf einem Stützpunkt in Bayern, in Landsberg, stationieren. Dort gibt es bislang keine sichere Lagerstätte für Nuklearwaffen, die derzeitigen NATO-Standards entspricht. Um die Überlegung aus der Bundeswehr zu realisieren, müssten entweder die Nuklearwaffen aus Büchel samt der amerikanischen Spezialeinheit mit umziehen und in Bayern geeignete Lagermöglichkeiten geschaffen werden. Oder man müsste eine getrennte Stationierung ins Auge fassen – die Flugzeuge in Bayern, die Waffen in Büchel. Für die US-Luftwaffe, die lieber heute als morgen die teure Aufgabe, auf die Atomwaffen für die europäischen NATO-Länder aufzupassen, los wäre, sind beide Optionen keine gute Aussicht. Und auch für die Bundeswehr wäre es nicht ganz so problemlos: In Büchel wäre - ohne Ausbau – kaum Platz für die erforderliche Infrastruktur um in Kriegsfall von dort mit zwei Flugzeugmustern zu operieren.
Offen muss derzeit auch bleiben, ob der Wunsch etlicher SPD-Abgeordneter, die Eurofighter-Beschaffung doch noch deutlich zu kürzen, nicht ungewollte Nebenwirkung hervorrufen könnte und dem BMVg die Option verschaffen würde, Büchel als Tornado-Standort zu erhalten.
In anderen NATO-Nationen ist die Lage ähnlich. Italien nutzt ebenfalls alternde Tornados. Belgien, die Niederlande und die Türkei fliegen amerikanische F-16. Die USA selbst fliegen in Europa stationierte F-16 und F-15E-Flugzeuge in der nuklearen Rolle und hielten in den USA weitere Flugzeuge dieser Typen zur Verstärkung bereit. Diese Verstärkungskräfte wurden bereits von ihren nuklearen Aufgaben entbunden. Die amerikanischen F-16-Flugzeuge sollen voraussichtlich ab 2012 oder 2013 ausgemustert werden. Die F-15E-Flugzeuge erreichen das Ende ihrer Verwendbarkeit als Atomwaffenträger etliche Jahre später, da sie jünger sind. Bei den F-16-Flugzeugen der europäischen NATO-Staaten ist die Lage etwas differenzierter: Manche müssen Mitte des nächsten Jahrzehntes außer Dienst gestellt werden, andere später, weil sie später produziert wurden oder ihre Lebensdauer verlängert wurde.
Ein neues nuklearfähiges Trägerflugzeug für die NATO ist angedacht, wurde aber bislang nicht realisiert. Unter amerikanischer Führung und mit Beteiligung europäischer Staaten wird derzeit der Joint Strike Fighter (JSF) als konventioneller Jagdbomber entwickelt. Dieses Flugzeug kann zu einem nuklearfähigen Trägerflugzeug weiterentwickelt werden. Doch diese Option wurde bislang nicht gezogen, weil keine entsprechende politische Willensbekundung der betroffenen NATO-Staaten vorliegt und die europäischen Staaten keinen bindenden Bestellwunsch geäußert haben. Auch Washington hat die Option bislang national nicht genutzt.
Deutschland hat diesbezüglich zudem eine Sonderrolle. Die Bundeswehr beteiligt sich als einziges Land der technisch-nuklearen Teilhabe nicht an der Entwicklung des JSF und plant bislang auch nicht, dieses Flugzeug zu kaufen. Der für Nuklearaufgaben vorgesehene Fliegerhorst der Bundeswehr ist für den Eurofighter verplant. Der Eurofighter soll irgendwann das einzige Kampfflugzeugmuster der Luftwaffe werden. Würde entschieden, dass eine neue Generation nuklearfähiger Trägerflugzeuge entwickelt und beschafft werden soll, so müsste die Bundesregierung ein solches Flugzeug entwickeln oder kaufen. Eine nuklearfähige Version des Eurofighter wäre wahrscheinlich machbar, aber selbst die Industrie ist davon nicht begeistert, weil sie dann den US-Behörden äußerst detaillierte technische Informationen über den Eurofighter geben müsste. Würde Deutschland den JFS kaufen, würde es ebenfalls sehr teuer: Für eine kleine Zahl nuklearfähiger Flugzeuge müsste die erforderliche technische Infrastruktur geschaffen und ein Wartungs-und Ausbildungssystem aufgebaut werden. Für die Bundeswehr wäre beides sehr belastend und teuer.
2.2. Nuklearaffen und deren Stationierung
Auch die Nuklearwaffen der NATO für ihre Trägerflugzeuge in Europa veralten. Sie wurden für Szenarien eines Krieges zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt entwickelt und haben nach dem Ende des Kalten Krieges kaum noch militärische Relevanz. Da sie den USA gehören, ist die Frage, ob diese Waffen modernisiert werden sollen, eine Entscheidung, die in Washington gefällt werden muss. Sie hängt aber auch davon ab, ob die europäischen Staaten bereit wären, neue Waffen auf ihrem Territorium zu lagern und geeignete Trägerflugzeuge für diese Waffen bereitzustellen. Ohne diese Bereitschaft würde es für die USA weniger Sinn machen, Geld für neue substrategische atomare Waffen auszugeben.
Nach dem Amtsantritt der Regierung Bush im Jahre 2001 wurden bestehende Pläne für die Entwicklung neuer Atomwaffen schnell wiederbelebt. Spezielle Nuklearsprengköpfe zur Zerstörung tief verbunkerter Ziele (Bunker Buster) kehrten ebenso auf die militärischen Wunschlisten zurück wie sogenannte Mini-Nukes, Atomwaffen von denen man sich versprach, dass sie eingesetzt werden könnten, ohne große ungewollte Verstrahlungsschäden hervorzurufen. Wünschenswert waren solche Waffen vor allem für die Befürworter präemptiver oder präventiver Nuklearschläge. Durchgesetzt haben sich diese Vorstellungen aber noch nicht. Immer wieder blockierte der US-Kongress mit seiner Gesetzgebung die angeforderten Mittel. Mittlerweile konzentrieren sich die Bemühungen auf die Entwicklung einer neuen Familie von bis zu sechs "verlässlichen Ersatzsprengköpfen" (Reliable Replacement Warheads - RRW), zu der auch ein neuer Sprengkopf für "substrategische" oder taktische Atomwaffen gehören könnte. Reizworte wie Mini-Nukes oder Bunker-Buster werden heute tunlichst gemieden, die Konzeptideen existieren aber fort.
Würde in der NATO vereinbart, dass die technisch nukleare Teilhabe langfristig beibehalten werden soll, so bekämen die Befürworter neuer substrategischer Atomwaffen ein starkes Argument in die Hand, um sich gegen ihre Kritiker durchzusetzen. Die Logik "Das ist ein NATO-Beschluss", die Logik der Bündnissolidarität zieht auch in den USA. Können die Befürworter neuer Atomwaffen dagegen keine Unterstützung aus Brüssel vorweisen, dürften sie im Kongress zurecht gefragt werden, wofür und weshalb neue Waffen denn notwendig seien.
2.3. Nuklearstrategie
Schließlich: Die NATO muss entschieden, welche Rolle der nuklearen Abschreckung und damit den verschiedenen Nuklearwaffen, die für Bündniszwecke bereitgehalten werden, zukünftig zukommen soll. Braucht die Allianz überhaupt noch eine atomare Abschreckung und eine "kollektive" nukleare Komponente? Reichen die nationalen Potentiale der drei Atommächte, die zur NATO gehören? Reichen die U-Boot-gestützten Atomwaffen, die Großbritannien und die USA für die NATO bereithalten, also eine strategische Nuklearabschreckung? Oder bedarf es auch weiterhin des Systems der technisch nuklearen Teilhabe, das nicht-nukleare Staaten als quasi-nukleare Staaten in die nukleare Abschreckung einbezieht, weil sie im Kriegesfall Nuklearwaffen der USA einsetzen können?
Mit den Notwendigkeiten, mit denen während des Kalten Krieges ein breit gefächertes nukleares Abschreckungspotential gerechtfertigt wurde, kann heute nicht mehr argumentiert werden. Bereits die erste neue NATO-Strategie, die 1991 nach dem Ende des Kalten Krieges in Rom verabschiedet wurde, trug dem Rechnung. Sie bezeichnete die verbleibenden Nuklearwaffen als "letztes Mittel" (last resort), dessen Einsatz höchst unwahrscheinlich sei. Die aktuelle NATO-Strategie, 1999 in Washington verzichtet zwar wieder auf diese Begrifflichkeit, beschreibt die Funktion des Nuklearpotential der Allianz aber als ausschließlich politische. Eine dezidierte militärische Aufgabe wird Nuklearwaffen nicht mehr zugewiesen.
Die politische Abschreckungsfunktion nuklearer Waffen kann ohne Zweifel auch durch U-Boot-gestützte strategische Nuklearwaffen gewährleistet werden. Zusätzliche substrategische oder taktisch nukleare Waffen lassen sich nur begründen, wenn diese entweder eine eigene militärische Funktion erfüllen oder aber, wenn ihre Existenz Zweifel an der Verlässlichkeit der kollektiven Sicherheitsgarantien innerhalb des Bündnisses ausräumen soll. Wäre letzteres der Fall, so wäre das ein Zeichen, dass die Funktionsfähigkeit der NATO gefährdet, wenn nicht das Bündnis politisch tot wäre. So zu argumentieren, liefe auf ein Eigentor hinaus.
Nur neue spezifisch militärische Notwendigkeiten können deshalb zur Begründung herangezogen werden, wenn die NATO langfristig an substrategischen Nuklearwaffen festhalten und deren Modernisierung begründen will. Eine glaubwürdige neue militärische Begründung für diese Waffen aber lässt sich kaum noch finden. Die NATO müsste argumentieren, dass sie neue Aufgaben übernimmt, bei deren Erfüllung weder das überlegene, konventionelle Waffenpotential der Allianz noch die strategisch-atomare Abschreckung hinreichend wären. Das aber ginge wohl nur, wenn die Allianz zu einer Kernaufgabe macht, was derzeit im Bündnis zu den umstrittensten Fragen überhaupt gehört: Die NATO müsste die präventive oder präemptive Bekämpfung vorhandener, entstehender oder vermuteter Potentiale an Massenvernichtungswaffen oder Produktionsanlagen dafür zu einem Kernbestandteil ihrer Aufgaben machen, um ihre substrategischen Nuklearwaffen gesondert zu rechtfertigen. Gegner könnten dabei sowohl Staaten als auch nichtstaatliche Akteure außerhalb des NATO-Gebietes sein. Aufgabe der NATO würden dann regional begrenzte Interventionskriege zur Bekämpfung solcher Gegner. Genau diese Aufgabenstellung aber haben die meisten europäischen NATO-Staaten bislang immer strikt abgelehnt. Alternativ bliebe ihr theoretisch nur – so absurd das klingen mag - eine künstliche Neubelebung der Konfrontation mit einem wieder erstarkenden Russland und damit das Risiko eines neuen nuklearen Rüstungswettlaufs.
3. Zurück zur Grundsatzfrage - Berlin vor der Entscheidung
Kommen wir noch einmal zurück zu jener Grundsatzfrage, mit der ich diesen Vortrag eingeleitet habe: Für die Bundesregierung macht es der Abzug der US-Nuklearwaffen aus Ramstein sehr viel schwerer, den Verbleib atomarer Waffen in Deutschland zu begründen. Er zwingt die Bundesregierung, Farbe zu bekennen. Der Verzicht der US-Luftwaffe auf diese Waffen deutet darauf hin, dass die derzeitigen Atomwaffen in Europa für die USA an Bedeutung verloren haben, ja zu einem ungeliebten Ballast geworden sind, der nur geschultert wird, solange die europäischen Bündnispartner dies fordern. Die meisten Experten bezweifeln, dass die Nuklearwaffen in Deutschland heute noch einen nachvollziehbaren, militärischen Zweck erfüllen können, den nicht auch andere der NATO assignierte Atomwaffen wie jene an Bord strategischer U-Boote erfüllen könnten. Die Atombomben in Europa binden Flugzeuge, Personal und verursachen hohe Kosten. Da Washington heute in Deutschland nur noch Nuklearwaffen für deutsche Kampfflugzeuge vorhält, muss Berlin mittlerweile selbst begründen, warum die Luftwaffe diese Waffen noch braucht und warum sie weiter in Deutschland gelagert werden sollen.
Jedes Argument, dass die Bundesregierung in diesem Kontext vorbringen kann, kann leicht zu einem Bomerang werden. Würde sie den Status Quo mit dem traditionellen Argument begründen, dass diese Waffen die Verkopplung der Abschreckung der USA und der Abreckung Europas sicherstellen, so klänge dies deutlich nach deutlichem Misstrauen gegenüber der amerikanischen Nukleargarantie. Würde sie argumentieren, dass über potentielle Nuklearwaffeneinsätze der NATO nur mitentscheiden könne, wer auch bei der technisch nuklearen Teilhabe mitmache, so müsste sie belegen, dass alle Länder der NATO, die sich nicht an der Teilhabe beteiligen, Bündnismitglieder zweiter Klasse wären. Sie würde indirekt behaupten, dass die Sicherheit im Bündnis geteilt sei, das es Mitglieder erster und zweiter Klasse gebe – unter letzteren alle neuen Mitglieder. Würde sie eine neue militärische Rolle für die Nuklearwaffen bei der deutschen Luftwaffe anstreben, müsste sie sich zu den US-Vorstellungen über präventive und präemptive Nuklearwaffeneinsätze bekennen – ein 180 Grad Schwenk mit unwägbaren politischen Risiken. Würde sie die traditionelle Rolle substrategischer nuklearer Waffen wiederzubeleben suchen, so wäre eine deutliche Verschlechterung im deutsch-russsichen Verhältnis der Preis.
In der Nato arbeitet derzeit die Hochrangige Beratergruppe (HLG) zur Zukunft der Nuklearwaffen in Europa. Auf das Ergebnis darf man gespannt sein. Auf die Haltung der Bundesregierung ebenfalls. Denn langfristig sind nur zwei Lösungen denkbar. Entweder die atomaren Trägerflugzeuge und die Nuklearwaffen in Europa werden modernisiert. Dann bekommen sie im Kontext der NATO-Strategie auch neue Aufgaben. Oder aber die alten Waffen werden ersatzlos abgezogen und Deutschland wird ein nuklearwaffenfreies Land.
Derzeit will die Bundesregierung das heiße Eisen am liebsten gar nicht anfassen. Ihre Experten setzen entweder darauf, dass das Problem sich von alleine erübrigt, wenn die Tornados in Büchel außer Dienst gestellt werden oder wollen es vertagen, indem sie einige Tornados länger im Dienst halten. Die Entscheidung sollen andere fällen. Die anderen, das sind die USA und die Verbündeten in der NATO. Doch das Wegducken funktioniert nicht länger. Mit dem Abzug aus Ramstein hat Washington Berlin ein klares Signal gesendet: Wenn es künftig noch US-Atomwaffen in Deutschland gibt, dann weil die Deutschen diese dort weiter haben wollen. So äußerte es auch US-Verteidigungsminister Rumsfeld gegenüber dem Spiegel, als er noch im Amt war. Die deutsche Antwort steht aus.
Wer nichts tut, überlässt anderen die Entscheidung. Zögern und Schweigen können dazu führen, dass die Bundesregierung eine große Chance vertut: Für Rüstungskontrolle und Abrüstung stehen bis 2010 entscheidende Weichenstellungen an. Dann wird der Atomwaffensperrvertrag erneut überprüft. Eine neue Balance zwischen den Abrüstungsverpflichtungen der Atommächte und den Nichtverbreitungszusagen der nicht-nuklearen Staaten muss gefunden werden, wenn der Vertrag nicht deutlich an Bedeutung verlieren soll. Ein deutscher Verzicht auf die Atomwaffen im eigenen Land, auf die technisch nukleare Teilhabe, wäre ein sehr positives Signal. Doch nur, wenn die Bundesregierung von sich aus öffentlich und freiwillig auf atomare Waffen in Deutschland verzichtet, leistet sie einen erkennbar eigenen Beitrag, um die nukleare Abrüstung voranzutreiben.
ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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