BITS Research Report 12.1
ISBN 978-3-933111-14-2
August 2012
Studie in Kooperation zwischen dem Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit und der Kampagne „atomwaffenfrei.Jetzt!“


Atomwaffen-Modernisierung in Europa
Das Projekt B61-12

von Otfried Nassauer und Gerhard Piper


Hinweis:


Inhaltsverzeichnis:

1 Nukleare Modernisierungen in Europa – Von Trendwende zu Trendwende?
2 Die B61-Bombenfamilie
3 Die Struktur nuklearer Modernisierungsprogramme in den USA
3.1 Der Lebenszyklus einer Nuklearwaffe
3.2 Die Akteure des Prozesses
4 Die B61-12 und ihre Vorgeschichte(n)
4.1 Von der Versuchung eine neue Bombe zu bauen
4.2 Das Entwicklungsvorhaben B61-12
4.3 Exkurs: Die Sonderrolle der B61-10
4.4 Exkurs: Die Alternative - Instandhaltung
5 Die B61-12 – Eine neue Bombe?
5.1 Technische Zielvorstellungen für die B61-12
5.2 Geplante technische Neuerungen
 
5.2.1 Der Nuklearsprengkopf
5.2.2 Das Tail-Subassembly (TSA) und die Treffgenauigkeit der B61-12l
5.2.3 Sicherheit
5.2.4 Weitere technische Modernisierungsvorhaben
6 Die Trägersysteme
6.1 Strategische Träger
6.2 Taktische Jagdbomber
 
6.2.1 Der F-15E Strike Eagle
6.2.2 Der F-16 Fighting Falcon
6.2.3 Das Mehrzweckkampfflugzeug Tornado
6.3 Der Joint Strike Fighter
 
6.3.1 Die F-35 und die europäischen NATO–Länder
6.3.2 Die F-35 – Achillesferse der Nuklearen Teilhabe?
7 Schlussbemerkungen

Anhang 1: Die Nuklearpolitik der NATO – Jüngste Entwicklungen
Anhang 2: Nuklearwaffenstandorte in Europa

Literatur und Quellen

 


 

4. Die B61-12 und ihre Vorgeschichte(n)


4.1. Von der Versuchung, eine neue Bombe zu bauen

Die Atomwaffenlaboratorien der USA verfolgten schon lange die Absicht, nicht nur Programme zur Verlängerung der Lebensdauer vorhandener Nuklearwaffen durchzuführen, sondern auch wieder neue Atomwaffen zu entwickeln. Sie schlugen mehrere Projekte vor, die auf eine solche Neuentwicklung hinauslaufen konnten und deren Notwendigkeit sie mit der politischen Agenda der gerade regierenden Administration begründen konnten. Das Vorhaben, die B61-12 zu entwickeln, greift diese Tradition auf. Es knüpft an drei umstrittene und eingestellte Vorläuferprogramme sowie an bereits erfolgte Maßnahmen zur Lebensdauerverlängerung der B61-Bomben an. Die Vorläufergrogramme waren das Precision Low-Yield Weapon Design (PLYWD), der Robust Nuclear Earth Penetrator (RNEP) und der Reliable Replacement Warhead (RRW oder WR2). All diese Vorhaben zielten auf die Möglichkeit, möglichst weitgehend neue Nuklearwaffen oder gar eine neue Nuklearwaffengeneration zu entwickeln und zu bauen. Sie scheiterten jedoch am Widerstand des U.S.-Kongresses.

Anfang der neunziger Jahre in den letzten Jahren der Amtszeit George H.W. Bushs untersuchte die US Air Force die Entwicklung von Atomsprengköpfen, die eine möglichst kleine Sprengkraft und eine möglichst große Treffgenauigkeit haben sollten.[ 1 ] Sie sollten ein großes Zielspektrum abdecken, aber unerwünschte Nebeneffekte wie Kollateralschäden und Fallout sollten sich in Grenzen halten. Das Vorhaben lief unter der Bezeichnung „Precision Low-Yield Weapons Design“ (PLYWD). Da der Kongress eine Senkung der Hemmschwelle gegen den Einsatz nuklearer Waffen, die Notwendigkeit nuklearer Waffentests[ 2 ] und damit falsche politische Signale befürchtete, beschloss er die Einstellung dieses Vorhabens und verbot mit dem Spratt-Furse-Amendment 1993 für etliche Jahre Entwicklungsarbeiten an Nuklearwaffen mit einer Sprengkraft von weniger als 5 KT.

Nach der Wahl George W. Bushs zum U.S.-Präsidenten sahen die Befürworter der Entwicklung neuer Nuklearwaffen eine neue Chance, sich durchzusetzen. Sie ließen die Idee einer präzisen Nuklearwaffe zur Zerstörung tief verbunkerter Ziele wieder aufleben und schlugen vor, einen Nachfolger für die B61-11 Bombe zu entwickeln, da sich gezeigt hatte, dass diese eine viel begrenztere Wirkung gegen solche Ziele erzielen konnte, als erwartet. Der Vorschlag wurde als Robust Nuclear Earth Penetrator (RNEP)[ 3 ] zur Bekämpfung von Hard and Deeply Buried Targets (HDBT) bezeichnet. Er sah zunächst einen Sprengkopf großer Sprengkraft vor, um eine gesicherte Zerstörung der Ziele zu ermöglichen. Parallel setzte man sich für eine Aufhebung des Spratt-Furse Amendments ein, um wieder Arbeiten an Waffen kleiner Sprengkraft durchführen zu können.[ 4 ] Während das letztere Ziel erreicht wurde, scheiterte die Idee der Entwicklung eines RNEP, weil sie auf unrealistischen und zum Teil falschen physikalischen Annahmen beruhte.[ 5 ] Im Haushaltsjahr 2005 bewilligte der Kongress für den RNEP keine Gelder mehr. Er stellte jedoch 9 Millionen Dollar ein, mit denen ein nicht weiter spezifiziertes

“program to improve the reliability, longevity, and certifiability of existing weapons and their components”[ 6 ]

durchgeführt werden sollte.[ 7 ]

Mit Hilfe dieses Programms wurde das Ziel, möglichst weitgehend neue Nuklearsprengköpfe zu entwickeln, nun weiter verfolgt. Das bereitgestellte Geld wurde genutzt, um das Projekt eines Reliable Replacement Warhead (RRW) zu entwerfen[ 8 ]. Nun sollte eine neue Generation von besonders sicheren und verlässlichen Nuklearsprengköpfen aus bereits zuvor getesteten nuklearen Systemkomponenten entwickelt und gebaut werden, um alternde Atomwaffen im US-Arsenal durch neue Waffen zu ersetzen, die moderner, robuster, einfacher zu handhaben und technisch sicherer werden sollten. In den Haushaltsjahren 2005/2006 wurden vom Kongress insgesamt 33,8 Millionen Dollar für Studienarbeiten bewilligt[ 9 ]. Nach ersten Planungen sollte zunächst 2012, später 2014, ein erster neuer Gefechtskopf (RRW-1) hergestellt werden. Der RRW-1 sollte ähnliche militärische Fähigkeiten besitzen wie der W76-Sprengkopf der Trident II-Rakete (100 KT).[ 10 ] Auf ihn sollte ein zweiter Sprengkopf (RRW-2 bzw. WR2) folgen, der die atomaren Bomben des Typs B61 ablösen sollte. Weitere Sprengkopfmodelle wurden angedacht, die Idee einer neuen Generation nuklearer Waffen entstand.

Kritiker befürchteten, dass Militär und Entwickler unter dem Vorzeichen verbesserter Sicherheit neue Sprengköpfe einführen wollten und dass diese neuen Gefechtsköpfe letztlich ein Ende des Teststoppmoratoriums erfordern könnten. Der U.S.-Kongress lehnte die Weiterführung des Programms 2007 und erneut 2008 ab und bewilligte kein Geld mehr. Das Vorhaben wurde eingestellt.

Die U.S. Air Force hatte jedoch vorgesorgt. Sie verfolgte parallel den Vorschlag, die Lebensdauer der B61-Bomben zu verlängern und gegebenenfalls eine neue Modifikation zu entwickeln. Dieser Vorschlag war ihre Rückversicherung. Ein Air Force-Offizier nannte ihn damals schlicht den „Plan B“ der Luftwaffe. Behördenvertreter räumten bereits 2008 ein, Ziel sei es, RRW-Technologien im Rahmen der LEP-Programme für existierende Atomsprengköpfe zu übernehmen bzw. weiter zu verfolgen. So berichtete die Fachjournalistin Elaine M. Grossman:

“Air Force interest in an expanded upgrade effort aligns with a new approach laid out recently by U.S. Strategic Command, under which some of the advanced technologies previously imagined for the Reliable Replacement Warhead might now be retrofitted into existing weapons as they undergo maintenance. The idea would be to fulfil as many RRW objectives as possible without a wholesale replacement of the warhead.

The Energy Department’s semiautonomous nuclear weapons agency has said that short of building a new Reliable Replacement Warhead, it is already incorporating all the safety and security features it can into existing weapons in the stockpile via ongoing Life-Extension Programs.

The National Nuclear Security Administration view reflects size and yield constraints on the current array of weapons in the U.S. stockpile, according to experts. However, if the Pentagon could either increase the size of a given weapon system or reduce its explosive yield, additional safety and security features imagined for the replacement warhead might instead be incorporated into existing hardware as it is overhauled, the Air Force official said.”[ 11 ]

Um ihren „Plan B“ durch Administration und Kongress genehmigt zu bekommen, bemühte sich die Air Force um möglichst gute Marketing-Argumente: Sie verband etliche Ziele des alten RRW-Programms, wie zum Beispiel eine verbesserte Sicherheit, mit den Versprechen größerer Standardisierung, einer möglichen Reduzierung des B61-Bestandes, der Aussicht auf Kostenersparnisse und der Verringerung der Menge des künftig benötigten Nuklearmaterials. Dazu erneut Elaine M. Grossman:

“If you can combine the best features of an RRW program“ with a refurbishment of the existing stockpile, „then you´ve potentially got a more marketable product“ on Capitol Hill, a House aide said last week.”[ 12 ]

Diese „Verkaufsstrategie“ war erfolgreich: Als das RRW-Projekt 2008 mangels bewilligten Geldes eingestellt werden musste, erhielt das B61-LEP-Programm erstmals Geld. Eine Machbarkeitsstudie konnte initiiert werden.

Der Plan der Air Force beinhaltete jedoch auch Risiken, da die Argumentation bei näherem Hinsehen nicht ganz schlüssig war: Zum einen sah er Modernisierungsvorhaben vor, die nur für einem Teil der betroffenen Bomben vom Typ B61 – die B61-3 und –4 – begründet waren, bei anderen aber, den B61-7, zu Teilen bereits durchgeführt worden oder nicht dringlich waren. Zum anderen verknüpfte er Modernisierungsschritte für die B61-Bomben, die bis zu diesem Zeitpunkt nicht für gleich dringlich gehalten wurden und deshalb teilweise erst im übernächsten Jahrzehnt vorgesehen waren: Die Modernisierung nicht-nuklearer Komponenten, deren garantierte Lebensdauer in den nächsten zehn Jahren ablaufen würde und die Modernisierung und Überarbeitung der nuklearen Komponenten, die bislang erst für die Jahre ab 2025 angedacht war.

Aus der potentiellen argumentativen Not machten NNSA und Luftwaffe deshalb eine präemptiv argumentierende Tugend: Die zeitliche Dringlichkeit wurde mit dem Ablauf der Lebensdauer erster konventioneller Komponenten begründet, die Einbeziehung der eigentlich nicht dringlichen Modernisierung und Überarbeitung der nuklearen Komponenten wurde – zusammen mit der Reduzierung der Zahl künftiger Versionen – als Rationalisierungs- und Sparmaßnahme verkauft. Das resultierende Gesamtvorhaben, die B61-12, hielt die Möglichkeit offen, ähnlich wie mit dem RRW-2, ein sehr umfassendes Nuklearwaffen-Entwicklungsprogramm aufzulegen, bei dem eine neue Generation von Technikern und Ingenieuren umfassende Erfahrungen mit Entwicklung und Bau der nuklearen und der nicht-nuklearen Komponenten atomarer Waffen sammeln konnte.

Die folgende Tabelle stellt die Zeitpläne der NNSA für die Modernisierung der B61-Varianten aus dem Jahr 2008 denen des Jahres 2011 gegenüber, in der erstmals das Vorhaben einer nuklearen und nicht-nuklearen Modernisierung mit dem Ziel der Entwicklung der B61-12 reflektiert wird:

Planung bis 2008

Entwicklung NG & AF

Austausch
NG &AF

Entwicklung UC

Austausch UC

Entwicklung NEP

Einführung NEP

B61-3,4,10

2009-14

2015-19*

2014-2019

2020-23

2023-30

2030-33

B61-7,11

2009-14

2015-16*

 

 

2023-29

2029-30

 

 

 

 

 

 

 

Neue Planung

Entwicklung B61-12

Produktion
B61-12

 

 

 

 

B61-3,4,7.10

2012-17

2018-22

 

 

 

 

B61-11

 

2018-19*

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

AF= arming and fuzing                                                             NG = Neutron Generator
NEP = Nuclear Explosive Package                                            *field refurbishment at DoD-sites
Quellen: Department of Energy – National Nuclear Security Administration: FY 09 Refurbishment Planning Schedule, UNCLASSIFIED obtained under FOIA by Hans Kristensen, FAS, Washington DC, o.D. (2008) und Department of Energy – National Nuclear Security Administration: FY 2012 Stockpile Stewardship and Management Plan, Report to Congress, Washington DC, 15. April 2011, S.14

 

Der Vergleich verdeutlicht, dass in der Planung des Jahres 2008 nur zwei kleinere Modernisierungsschritte für die taktischen Versionen der B61 und ein kleineres Vorhaben für die strategischen Versionen in diesem Jahrzehnt vorgesehen waren, bevor für beide in elf Jahren mit den Forschungsarbeiten für eine Überarbeitung der Nuklearkomponenten begonnen werden sollte, die ab 2029 umgesetzt werden sollte. Die neue Planung des Jahres 2011 erklärt also all diese Arbeiten zum Sofortbedarf und zieht sie deshalb auf die Jahre 2012-2022 vor.[ 13 ]

Dass 2008 noch von einer wesentlich geringeren Dringlichkeit umfangreicher Modernisierungen der verschiedenen B61-Versionen ausgegangen wurde, verwundert nicht, wenn man einen Blick auf die zahlreichen Modernisierungsmaßnahmen wirft, die an diesen Bomben seit 2001 vorgenommen wurden.[ 14 ] Die folgenden „Alterations“ wurde seither umgesetzt:

 

Modernisierungsarbeiten an B61-Versionen seit 2001

Number

Type

Description

Remarks

ALT 335

B61-3,4,10

safety enhancements, trajectory sensing signal generator

1998 –2003, complete deliveries in FY03

ALT 336

B61-7/11

electrostatic safety upgrade kits

Delivery for installation during FY 02

ALT 339

B61-3,4,10
(B61-7, 11?)

surety enhancement, mission encryption translator (MET) for PAL-code management system (CMS)

1997/8-2003 complete deliveries in FY03

ALT 349

B61-11

structural enhancements of casing

Inter alia in FY01

ALT 350

B61-7 (11?)

common radar retrofit

Retrofit begins FY03

ALT 354

B61-3,4,10

fin cant

delivery OCONUS

ALT 356

B61-3,4,10

replace spin rocket motor

FY09: Quantity production ongoing

ALT 357

B61-7/11

canned subassembly refurbishment, replaced associated seals, foam supports, cables and connectors, group X-kit and LLCs

completed production FY09

ALT 358

B61-7

spin rocket motor retrofits / replace

Completed retrofits in FY09

ALT 359

B61-11

replace spin rocket motor

Completed retrofits in FY09

ALT 364

B61

Life extension study (B61)

First proposed in FY08*

ALT 365

B61

6.2/2A LEP-study

First proposed in FY08*

ALT 366

B61

6.2./2A LEP study

First proposed in FY08*

* ALT 364-366 wurden in die Entwicklung der B61-12 überführt.
Quelle: DoE-NNSA FY 2002 –2012 Congressional Budget Requests, Directed Stockpile Work und DoE-NNSA: FY 2011 and FY 2012 Stockpile Stewardship Management Plan.

Die strategischen Atombomben B61-7 und B61-11 haben also gerade erst ein Lebensdauerverlängerungsprogramm durchlaufen. Es begann im Jahr 1999 und endete im November 2008. Überarbeitet wurden in diesem Programm die Gehäuse der thermonuklearen Ladungen (canned subassembly (CSA)) und einige konventionelle Bauteile:

„The refurbishment was designed as Alteration (ALT) 357 and also replaced associated seals, foam supports, cables and connectors, the group X kit (e.g., washers, o-rings, etc.), and limited life components.“[ 15 ]

Das Programm endete in etwa im Zeitplan. Es war allerdings durch Missmanagement, Zeitverzögerung, Kostensteigerungen und Abstriche bei den technologischen Zielsetzungen geprägt und musste in den Jahren 2004/2005 erheblich reorganisiert und reduziert werden. Der U.S.-Rechnungshof stellte dazu im März 2009 kritisch fest:

„NNSA and DoD have not effectively managed cost, schedule, and technical risks for either the B61 or W76 life extension program. Regarding the B61 program, although NNSA completed the refurbishment of the B61 bombs on schedule in November 2008, the refurbished weapons do not meet all refurbishment objectives. According to DOD and NNSA laboratory and production plant officials, NNSA established an unrealistic schedule and failed to fully implement its Phase 6.X process. To meet an aggressive production schedule, NNSA adopted a modified Phase 6.X process that compressed and overlapped the development and production engineering phases, leaving little time to develop and manufacture critical materials and evaluate test results before full-scale production. (…)

NNSA was able to meet its refurbishment schedule and avoid significant cost overruns for the B61 bomb only because (1) some of the refurbishment objectives changed, thereby allowing NNSA to use the original material in the weapon design, (2) tactical B61 bombs that were decommissioned had material that NNSA could use, and (3) the Nuclear Weapons Council significantly reduced the number of B61 bombs in the stockpile and thus the number that NNSA had to refurbish. Even though these events allowed NNSA to meet its schedule, it refurbished less than one-third of the weapons in the original baseline for almost twice the unit cost. (…) Furthermore, the refurbished B61 bombs still do not meet all the refurbishment objectives.”[ 16 ]

Es bleibt abzuwarten, ob und in welchem Umfang die NNSA Lehren aus ihren Managementfehlern bei früheren LEPs gezogen hat oder ob sich erneut gravierende Fehler einschleichen werden. Der Rechnungshof weist auch heute noch auf erhebliche Managementprobleme bei der NNSA und den Laboratorien hin, die Beschlüsse des Nuclear Weapons Councils (NWC), den Entwicklungszeitraum für den ersten Prototyp der B61-12 um zwei Jahre bis 2019 zu verlängern, sind ein Indiz dafür, dass auf politischer Ebene erneut mit Schwierigkeiten gerechnet wird.

 

4.2. Das Entwicklungsvorhaben B61-12

Im März 2008 billigte das NWC den Vorschlag der U.S.-Air Force, eine Studie zur Lebensdauerverlängerung der B61 durchzuführen. Im Juni 2008 entschied das Gremium, von September 2008 bis September 2010 Machbarkeitsstudien (Phase 6.2/6.2A) zu diesem Thema durchführen zu lassen. Sie sollten aufzeigen, wie die technische Auslegung einer neuen B61-Version aussehen könnte. Die zweijährige Laufzeit der Studie musste später um ein Jahr bis September 2011 verlängert werden.

Der Kongress äußerte schon bald zur Zurückhaltung mahnende Kritik. Einerseits sei die Entwicklung einer „neuen“ Atomwaffe nicht gewollt und andererseits müsse das Ergebnis zu der in Erarbeitung befindlichen Blaupause für die künftige Nuklearwaffenpolitik, dem nächsten Nuclear Posture Review, passen. Im Juli 2009 erklärte das House Energy and Water Appropriations Subcommittee des U.S.-Kongresses:

„until the Administration finalizes its plans for the national nuclear strategy, stockpile, and complex plans, the Committee does not support the effort to develop what is essentially a new nuclear weapon.” (…) The Committee appropriated $32.5 million, half the initial request, for the Phase 6.2A study, adding that NNSA is authorized to reallocate an additional $15 million for the study “upon completion of the Nuclear Posture Review and confirmation of the requirement for the B61-12.”[ 17 ]

Neben der Machbarkeitstudie der NNSA forderte der U.S.-Kongress zwei wissenschaftliche Studien zur geplanten B61-12 durch die National Academy of Science (NAS) in Washington und die JASON Defense Advisory Group an. Im Joint Explanatory Statement of the Committee of Conference vom Oktober 2009 heißt es dazu:

“The conference agreement directs the Nuclear Weapons Council in cooperation with the Secretary of Energy to, within 60 days of release of the Nuclear Posture Review, enter into an agreement with the National Academy of Sciences to execute a study addressing the national security and extended deterrence value of the B61 for both strategic and tactical purposes in light of nuclear terrorism risks and military threats. The conference agreement directs the Nuclear Weapons Council in cooperation with the Secretary of Energy to, within 90 days of release of the Nuclear Posture Review, commission a further study by the JASON Defense Advisory Group examining whether the planned B61-12 can be expected, without nuclear testing, to offer sufficient margin and other advantages as to constitute a long-term 21st Century weapon, or whether it is more likely to be an interim weapon leading to near-term replacement or retirement, and to recommend any additional research that may be needed to make an informed decision on this matter. The conference agreement directs the Secretary of Energy to submit each study to the House and Senate Committees.” [ 18 ]

Im April 2010 wurde der Nuclear Posture Review durch Präsident Obama gebilligt. Er enthielt die geforderte Erklärung, eine Modernisierung der Bomben des Typs B61 sei erforderlich und verstärkte dies durch das Argument, die Bereitstellung dieser Waffen sei ein Teil der nuklearen Verpflichtungen, die Washington gegenüber seinen europäischen NATO-Partnern eingegangen sei und die es auch weiterhin zu erfüllen gelte.

“The United States will consult with our allies regarding the future basing of nuclear weapons in Europe, and is committed to making consensus  decisions  through NATO processes. In cooperation with allies and partners, the NPR has determined that the following steps will be taken.

  • The Air Force will retain a dual-capable fighter (the capability to deliver both conventional and nuclear weapons) as it replaces F-16s with the F-35 Joint Strike Fighter. As described in more detail below, the United States will also conduct a full scope B-61 (nuclear bomb) Life Extension Program to ensure its functionality with the F-35 and to include making surety – safety, security, and use control – enhancements to maintain confidence in the B-61. These decisions ensure that the United States will retain the capability to forward-deploy non-strategic nuclear weapons in support of its Alliance commitments. These decisions do not presume the results of future decisions within NATO.[ 19 ]

Das militärische Oberkommando der NATO, SHAPE, hatte bereits im März 2009 ein erstes militärisches Anforderungsprofil für die B61-12 formuliert. Im April 2010 einigte sich die U.S.-Regierung mit den NATO-Staaten auf die wesentlichen militärischen Charakteristika der B61-12:

„In April 2010, DOD and the NATO allies reached agreement on key military characteristics of the bomb, including the yield, that it be capable of freefall (rather than parachute-retarded) delivery, its accuracy requirements when used on modern aircraft and that it employ a guided tailkit section, and that it have both midair and ground detonation options. They further agreed that the weapon should be capable of being carried by both existing and modernized fighter aircraft, including the F-35, and be compatible with the current weapon storage vaults abroad.”[ 20 ]

Da nun die vom Kongress geforderte Begründung des Präsidenten für die Modernisierung zur B61-12 vorlag, wurden im August 2010 die Mittel für die Machbarkeitsstudie auch der nuklearen Komponenten der B61 freigegeben.[ 21 ] Die NNSA zeigte sich überzeugt, die erste Bombe des Modells B61-12 trotz der schon eingetretenen zeitlichen Verzögerung bis 2017 herstellen zu können:

„NNSA began the study on the nuclear portion of the B61 life extension in August 2010, six months later than the original planning basis. To overcome this delay, NNSA will accelerate the technology maturation, warhead development, and production engineering that is necessary to retain the schedule (…)[ 22 ]

Der Stellvertretende Direktor des Sandia National Laboratory, Jerry McDowell, hoffte im März 2011, aufgrund der Studienergebnisse zum 1. Oktober 2011 seitens des Nuclear Weapons Councils grünes Licht für die Phase 6.3, also den Beginn der technischen Entwicklung der Waffe, zu bekommen. Im Oktober 2011 war er noch immer guter Hoffnung, dass das NWC auf seiner nächsten Sitzung im November 2011 eine Entscheidung über das bevorzugte Design der B61-12 und den Beginn der Phase 6.3. treffen werde. Die Haushaltsbeschlüsse des Kongresses zum Haushalt 2012, die Ende Dezember 2012 gefasst wurden, legen den Schluss nahe, dass die NNSA zu diesem Zeitpunkt dem Kongress die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie ihrer Laboratorien noch nicht vorgelegt hatte.[ 23 ] Der Kongress begrenzte die zulässigen Ausgaben für das Projekt für das Haushaltsjahr 2012 mit der Formulierung:

„Provided, That of such an amount not more than $89,425,000 may be made available for the B-61 Life Extension Program until the Administrator of the National Nuclear Security Administration submits to the Committees on Appropriations of the House of Representatives and the Senate a final report on the Phase 6.2a design definition and cost study.”[ 24 ]

Der Beschluss war ein erneutes Indiz für die Skepsis des Kongresses hinsichtlich der Managementprobleme des nuklearindustriellen Komplexes. Die Abgeordneten wollten der NNSA keinen umfassenden Freibrief für Entwicklung und Bau der B61-12 ausstellen, das Vorhaben aber offenbar auch nicht ausbremsen oder stoppen, da die Obama-Administration es als zentrales Element ihrer nuklearen Modernisierungsstrategie[ 25 ] und zugleich als verbindliche Verpflichtung gegenüber der NATO beschrieben hatte.

Aus dem Haushaltsentwurf der Administration für 2013, der Anfang Februar 2012 vorgelegt wurde, ließ sich entnehmen:

  • Dem Nuclear Weapons Council lagen die Machbarkeits- und erste Kostenstudien der Laboratorien inzwischen vor.
  • Das NWC hatte sich mit ihnen befasst, aber zunächst nur entschieden, das Programm zu strecken und die Ablieferung des ersten Prototyps der B61-12 auf das Jahr 2019 zu verschieben.
  • Mit 361 Mio. U.S.-Dollar beantragte die NNSA für 2013 ein um rund 80 Mio. Dollar höheres Budget als in den Haushaltsberatungen für 2012 angekündigt.
  • Unüblicherweise meldete die NNSA keinen Finanzbedarf für die Folgejahre an.

Die U.S.-Luftwaffe signalisierte mit ihren Haushaltsanträgen für 2013 ebenfalls eine zweijährige Streckung der Modernisierung der B61 im Blick auf die Entwicklung und Finanzierung der Komponenten für die sie zuständig ist.[ 26 ] Die Ausgaben werden ebenfalls gestreckt oder zurückgestellt.

Im März und April 2012 wurde deutlich, dass das Nuclear Weapons Council sich im November und Dezember 2011 doch genauer mit den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie für die B61-12 befasst hatte. Es hielt an dem Modernisierungsvorhaben fest, befürwortete den Einstieg in die technische Entwicklung (Phase 6.3.) und wählte aus den vorgelegten Design-Optionen eine „mittlere“ aus, die zugleich die militärischen Anforderungen erfüllte und für bezahlbar gehalten wurde. Zurückgewiesen wurde eine zu teure „große Lösung“, die offenbar technisch sehr anspruchsvoll und riskant gewesen wäre, sowie eine billigere Minimallösung, die die Modernisierung der B61-Bomben ähnlich der Planung des Jahres 2008 auf die konventionellen Komponenten begrenzt hätte, deren Lebensdauer in den nächsten Jahren endet. Zusätzlich wurde beschlossen, die Entwicklung bis zur Ablieferung des ersten Prototypen um zwei Jahre zu strecken, sodass dieser erst 2019 bereitgestellt werden muss. Der stellvertretende Leiter der NNSA, Dr. Cook, in einer Anhörung des Kongresses:

“Dr Cook: The B61 is a critical component of the U.S. strategic and of the extended nuclear deterrent. The current system is among the oldest in the stockpile. It’s got key non-nuclear components that are reaching their end of life and in need of replacement. The B61 life extension program will allow consolidation of four variants into a single version of the B61 bomb, allowing the NNSA and the Department of Defense to save on long-term sustainment costs, enable future stockpile reductions, ensure safety, and reduce the amount of special nuclear material used. The Nuclear Weapons Council has endorsed entry of the B61 life extension program into phase 6.3, the engineering development phase. (…)

In agreement with the  Nuclear Weapons Council, we have delayed the first production unit of the B61–12 gravity bomb to 2019, but we will still meet the military requirements of the Nation.[ 27 ]

Die endgültige Bewilligung der Haushaltsmittel für 2013 durch den Kongress steht noch aus. Ob der Einstieg in die technische Entwicklung finanziert wird, müssen die weiteren Haushaltsberatungen zeigen. Erste Diskussionen im Senat und im House zeigten, dass beide Häuser unter Bedingungen und mit einer gewissen Skepsis gegenüber den Kostenschätzungen und Managementfähigkeiten der NNSA bereit sein könnten, den Haushaltsanträgen der Administration in etwa gleicher Größenordnung zu folgen. Sie verlangten aber Einsicht in die aktuelle Kostenplanung für das Programm. So beschloss der zuständige Unterausschuss des Senats:

“The Committee directs that no funding be used for B61 life extension program activities until NNSA submits to the Committee a validated cost, schedule, and scope baseline.”[ 28 ]

Auch das von den Republikanern dominierte House äußerte vorsichtig seine Befürchtungen:

“To ensure that nuclear modernization remains a priority, the recommendation includes full funding for these modernization activities. However, the Committee remains concerned about the NNSA’s ability to fully account for the costs of the modernization or to anticipate the full scope of activities that will be needed to ensure the nation’s nuclear stockpile remains reliable and effective.“[ 29 ]

Der Kongress musste dabei noch von Gesamtkosten in Höhe von rund 4 Mrd. Dollar ausgehen. Diese Zahl hatte die NNSA im Kontext ihres Stockpile Stewardship Management Programs 2011 vorgelegt, aber mit dem Haushaltsentwurf 2013 nicht aktualisiert. Im Mai 2012 sickerte erstmals eine höhere Summe durch: Das Vorhaben werde wohl 6 Mrd. Dollar kosten, berichtete die Vereinigung Amerikanische Wissenschaftler.[ 30 ] Dabei sollte es nicht bleiben. Zu Beginn einer Unterausschuss-Anhörung im Senat berichtete die Ausschussvorsitzende Dianne Feinstein am 25. Juli 2012 sichtlich besorgt, die NNSA habe ihr mitgeteilt, das B61-Programm werde trotz der Einschränkungen, die das Nuclear Weapons Council Ende 2011 zur Kostensenkung vorgenommen habe, 8 Mrd. Dollar kosten. Das Cost Assessment and Program Evaluation Office (CAPE) des Verteidigungsministeriums schätze die Kosten des Vorhabens inzwischen sogar auf 10 Mrd. Dollar.[ 31 ]

Eine Verdopplung oder gar eine noch größere Steigerung der Projektkosten ist durch die mittelfristige Budgetplanung der Regierung Obama nicht abgedeckt, obwohl dort erhebliche Steigerungsraten im Nuklearwaffenbereich vorgesehen sind. Das B61-12-Programm, das schon in der Haushaltsplanung der Administration für 2013 erste Verdrängungseffekte gegenüber anderen Vorhaben ausübte, würde bei Kosten von 10 Mrd. Dollar den ganz überwiegenden Teil der gesamten Haushaltsmittel benötigen, die für die Erhaltung und Modernisierung von Sprengköpfen in den kommenden zehn Jahren eingeplant sind.

Ob der Kongress auch unter diesen Bedingungen bereit ist, das Vorhaben weiter und in vollem Umfang zu finanzieren, bleibt abzuwarten. Eine verstärkte Kostenkontrolle durch den Kongress wird kaum ausreichen. Auch eine weitere zeitliche Streckung des Programms wird dies kaum ermöglichen. Realisiert werden kann das Vorhaben voraussichtlich nur zu deutlich höheren Kosten.

Die Lebensdauer der zukünftigen B61-12 ist auf rund dreißig Jahre ausgelegt, also bis etwa zum Jahr 2050.

 

4.3. Exkurs: Die Sonderrolle der B61-10

Die B61-12 soll die Versionen B61-3, B61-4 und B61-7 ersetzen. Unklar ist noch, was mit der Version B61-10 geschehen soll. Diese Version der B61 wurde 2009 außer Dienst gestellt, aber noch nicht vollständig delaboriert.[ 32 ] Ursprünglich wurden etwa 215 Exemplare dieser Waffe gebaut. Sie gehören zu den jüngsten B61, über die die USA verfügen.[ 33 ]

In älteren Präsentationen des B61-LEPs gehörte die B61-10 wie selbstverständlich zu jenen Waffen, die durch die neu zu entwickelnde B61-12 ersetzt werden sollten. Sie wurde lange in einem Atemzug, mit den Modellen –3,-4 und –7 genannt. So heißt es in den Haushaltserläuterungen der NNSA für 2011, Ziel des Programms sei es, „to extend service life and consolidating B61 Modifications –3, -4, -7, and –10“.[ 34 ] In einigen Beschreibungen des Modernisierungsvorhabens B61 aus dem Jahr 2011 wird die B61-10 dagegen nicht mehr erwähnt. Ersetzt werden sollen nur noch die aktiven Modelle B61-3, -4 und –7. „The B61 LEP extends the life of the B61 Mod 3, 4 and 7 nuclear bombs.“[ 35 ] In den Erläuterungen für die Haushaltsanträge 2013 wird die B61-10 dagegen meist wieder erwähnt.

Falls es sich nicht um ein Versehen gehandelt hat, ist folgende Erklärung denkbar: Derzeit ist noch nicht bekannt, wieviele B61-12 letztlich gebaut werden sollen. Wenn drei aktive Modelle der B61 durch ein gemeinsames Nachfolgemodell abgelöst werden sollen, das auf der B61-4 beruht, und dabei auf eine bestimmte nukleare Komponente zurückgegriffen werden soll, die nur in einem dieser drei Modelle genutzt wird, dann können maximal so viele „neue“ Waffen entstehen, wie von diesem Modell vorhanden sind. Diese numerische Begrenzung würde hinfällig, wenn die benötigte nukleare Komponente auch noch in einer weiteren Modifikation der B61 verbaut worden wäre. Könnte man auf eine solche Waffe zurückgreifen, so wäre die Zahl der für die Modernisierung verfügbaren „kritischen“ Komponenten entsprechend größer und dies würde die Option eröffnen, zusätzliche neue Waffen zu bauen. Das könnte bei der B61-4 und der B61-10 der Fall sein.

Die B61-10 entstand zu Beginn der neunziger Jahre aus dem damals modernen Sprengkopf der infolge des INF-Vertrag abzurüstenden Pershing-II-Raketen. Dieser Sprengkopf trug die Bezeichnung W85 und war seinerseits zu Beginn der achtziger Jahre aus der B61-4 abgeleitet worden.

„The W85 PII warhead begins Phase 6 production in May 1983. (…) The W85 is basically a B61-4, Cat F warhead adapted to the warhead section of the P II missile.[ 36 ]

In den Erläuterungen zum Haushaltsentwurf 2012 verdeutlicht das Department of Energy, welche nuklearen Komponenten für die B61-12 eingeplant sind:

“The FY 2012 mission scope includes: (…); (2) development of designs and technologies to refurbish the B61 primary with reuse of the existing B61 nuclear pit, reuse or remanufacture of the B61 Mod 4 canned subassembly, and consolidation of the B61 Mod 3, 4, and 7 into a single bomb Mod; (…)”[ 37 ]

Ist das präzise formuliert, so besagt es, dass wiederaufgearbeitete nukleare Primärsprengsätze (Primary) und B61 Pits aus mehreren Modifikationen erneut verwendet werden können, während das Canned Subassembly (CSA; mit dem thermonuklearen Secondary) ausschließlich der B61-4 entweder wiederverwendet oder als Nachbau neu hergestellt werden soll. Zwischen Wiederverwendung und Nachbau ist noch nicht entschieden. Käme es zu einer Wiederverwendung, so wäre das CSA eine „kritische“ Komponente, von der möglicherweise nur eine geringere Stückzahl existiert, als man für die gewünschte Stückzahl neuer B61-12 braucht. Da noch nicht klar ist, ob ein „gebrauchtes“ Canned Subassembly verwendet werden soll, hält man offen, was mit der B61-10 geschehen soll, die ja „basically a B61-4“ ist.

 

4.4. Exkurs: Die Alternative - Instandhaltung

Da das Reliable Replacement Warhead-Programm (RRW) mit dem vorgesehenen B61-Nachfolger RRW-2 erst 2008 aufgegeben wurde, ist auch die Entscheidung, die Modernisierung des B61-Bestandes durch Entwicklung der neuen B61-12 anzugehen, erst relativ spät und in der Amtszeit Barack Obamas gefallen. Sollten die Angaben der Nuklearwaffenlabore zur verbleibenden Lebensdauer verschiedener Komponenten der B61-3 und der B61-4 zutreffen und keine aus dem Eigeninteresse der Laboratorien geborene Schwarzmalerei darstellen, so könnte die Lebensdauer der alten Bomben deshalb ablaufen, bevor die B61-12 überhaupt zur Verfügung steht. Im Blick auf die NATO wäre das misslich, denn die USA haben der Allianz zugesagt, ihre Nuklearwaffen trotz der geplanten Modernisierung kontinuierlich bereitzustellen. Der U.S.-Rechungshof brachte dies 2011 – mit Blick auf die inzwischen überholte Zeitplanung für die Modernisierung – auf die schlichte Formel:

„(T)he B61 bomb is approaching the end of its operational life during its life extension program.“[ 38 ]

Der Rechnungshof benannte damals einige Schritte, mit denen sichergestellt werden sollte, dass die USA ihre Verpflichtungen zur Abschreckung der NATO durchgängig erfüllen können:

„In light of these commitments, both DOD and NNSA plan to take steps to ensure that the nuclear weapons committed to NATO remain operational while the B61 life extension program progresses. These steps include just-in-time maintenance actions on the existing bombs because critical components are expected to soon begin reaching the end of their service lives. (…) DOD requires NNSA to deliver refurbished B61 bombs to meet its NATO commitments in 2018. To extend the operational life of the bombs committed to NATO for a few years while the life extension program is ongoing, the Air Force plans to replace key components – neutron generators and power supplies – with newer components removed from bombs that are no longer in the active stockpile. NNSA is supporting this effort by inspecting the components that are to be reintroduced to the weapons and by designing and manufacturing the containers, tooling, and related hardware needed to retrofit the deployed bombs. (…)”[ 39 ]

Mit anderen Worten: Während die in Europa lagernden aktiven Bomben der Modelle 3 und 4 auf Ablösung durch die B61-12 warten, müssen sie zwischenzeitlich durch den Einbau von jüngeren Komponenten begrenzter Lebensdauer aus ausgemusterten Bomben des Typs B61 noch einmal modernisiert werden, um lange genug einsatzfähig zu bleiben, bis sie abgelöst werden können. Modernisierung durch Kannibalisierung derzeit nicht benötigter Waffen – dieses Vorgehen entspricht jenem, dass bereits während des Programms zur Modernisierung der strategischen B61-7/11 vor wenigen Jahren praktiziert wurde.

Der U.S.-Rechnungshof deutet zudem an, dass dieses Instandhaltungsprogramm genutzt werden könnte, um neue Komponenten für die B61-12 an den bereits dislozierten Einsatz-Bomben zu testen:

“NNSA also may design the refurbished B61 bomb so that some types of limited-life components could be used both on the existing weapons and on the newer version. In particular, the Air Force lead project officer and NNSA program manager for the B61 bomb stated that NNSA could produce neutron generators that could be used in both the existing versions that support NATO, and in the refurbished B61 bomb.”[ 40 ]

Solche Maßnahmen können möglicherweise als Teil der „normalen“ Arbeiten zur Instandhaltung des U.S.-Atomwaffenarsenals durchgeführt werden. Zu ihnen gehört der geplante Austausch der Neutronengeneratoren und Arbeiten an der AF&F-Komponente (Arming, Fuzing and Firing).

Das wiederum ist interessant: Denn ein Vergleich mit der Modernisierungsplanung für die B61-3 und die B61-4 aus dem Jahre 2008 (s.o.) – also vor dem Umschwenken auf die Entwicklung der B61-12 – zeigt: Schon damals waren Modernisierungsmaßnahmen in genau diesen beiden Bereichen für die erste Hälfte dieses Jahrzehnts geplant. Es waren bis weit in das kommende Jahrzehnt die einzigen Vorhaben, die für die B61-3 und die B61-4 vorgesehen waren. Nach dem Umschwenken auf die Entwicklung der B61-12 wurde die begrenzte Lebensdauer dieser Komponenten zu einem wesentlichen Argument für die Eilbedürftigkeit politischer Entscheidungen über das Vorhaben B61-12.

Auch während der Machbarkeitsstudie blieb die Option einer minimalen Modernisierung der vorhandenen B61 als Zwischenlösung in der Diskussion, wurde aber mit der Warnung vertreten, ein zweiteiliges LEP verursache deutlich höhere Kosten. Der Rechnungshof führte dazu aus:

„However, if the B61 Project Officers Group determines that the fullscope life extension is too high risk, it could recommend a more limited refurbishment, involving the bomb´s nonnuclear components and communications systems, according to the Air Force´s B61 lead project officer and other DOD and NNSA officials. The officials told us that while this option would extend the operational life of the B61 for several years, it would involve significant drawbacks. According to the Air Force lead project officer for the B61 bomb, the bomb would require continued patchwork maintenance to ensure the bomb´s performance, safety and security goals established for the program without making more extensive changes to the weapon´s design than the limited refurbishment would allow. Moreover, according to NNSA, the bomb would require a second life extension program beginning in the mid 2020s, together, NNSA estimates that performing two life extension programs would cost roughly $2 billion more than the currently planned program.”[ 41 ]

Welche Modernisierungen für eine abgespeckte B61-12 mindestens notwendig wären, führte der Direktor von Sandia, Dr. Paul J. Hommert, in seiner Stellungnahme vor dem Auswärtigen Ausschuss des Senats am 15. Juli 2010 aus:

“For example, the radar in the B61, which includes the now infamous vacuum tubes, must be replaced. In addition, both the neutron generator and a battery component are fast approaching obsolescence and must be replaced. A secondary driver for the schedule is the deployment of the F35 Joint Strike Fighter, which requires a new digital interface for the B61. Replacing the three aging components and adding the new digital interface represent the absolute minimum approach to this LEP.”[ 42 ]

Hommerts Minimalprogramm ähnelt jenen kleineren Modernisierungsmaßnahmen, die bereits vor Beginn des B61-12 Programms in Planung waren. Auch so könnten die noch aktiven Versionen der B61 offensichtlich noch etliche Jahre weiter im Dienst gehalten werden und die Entwicklung der B61-12 vorerst überflüssig machen. Mit den Entscheidungen des Nuclear Weapons Councils Ende 2011 wurde diese Lösung jedoch zunächst verworfen.

Da sich die Entwicklung der B61-12 nun um zwei weitere Jahre verzögern wird, darf man trotzdem gespannt sein, wie NNSA und U.S.-Luftwaffe reagieren werden: Wird ein Interimsprogramm aufgelegt, mit dem diese Waffen bei der NATO in Dienst gehalten werden können, um die NATO-Verpflichtungen der USA zu erfüllen, bis die B61-12 tatsächlich zur Verfügung steht? Oder verzichtet man auf ein solches Interimsprogramm? Würde der erste Weg gegangen, so entfiele das wichtigste Argument für die Eilbedürftigkeit der Entwicklung der B61-12. Würde der zweite Weg beschritten, so müsste zugegeben werden, dass man die technische Lebensdauer dieser Komponenten interessensgeleitet zu „kurz“ angegeben hat, um die Notwendigkeit einer Modernisierung der B61-Bomben begründen zu können.

Interessanterweise wurden seit 2008 keine neuen Informationen mehr über die Möglichkeit einer alternativen, kleinen Modernisierung und deren Kosten veröffentlicht. Damals war vorgesehen, dass sie im Zeitraum 2010 bis 2016 stattfinden[ 43 ]. Man setzte nun offenbar ganz auf die große Lösung einer umfassenden Modernisierung.

 

5. Die B61-12 – Eine neue Bombe?


5.1. Technische Zielvorstellungen für die B61-12

Welche Änderungen an den vorhandenen Waffen B61-3, -4, –7 und –10 sollen vorgenommen werden? Welche Komponenten sollen überarbeitet, erneut genutzt oder ausgetauscht werden? Entsteht mit der B61-12 letztlich eine neue oder eine lediglich überarbeitete Waffe? Wird sie neue militärische Fähigkeiten mit sich bringen? Es gibt etliche Beschreibungen des geplanten Modernisierungsvorhabens, die Details der geplanten Arbeiten erkennen lassen und unterschiedliche Argumentationslinien und Ziele spiegeln. Einige Beispiele:

Die National Nuclear Security Administration (NNSA) nannte zur Begründung ihres Haushaltsantrages 2012 folgende Vorhaben:

“The FY 2012 mission scope includes: Phase 6.3 Development Engineering activities for (1) development of designs and continued maturation of technologies for new firing, arming and safing components, radar components, GTSs[ 44 ], NGs<[ 45 ], permissive action link components and equipment, power supplies, thermal batteries, joint test assemblies, weapon trainers, and test and handling gear; (2) development of designs and technologies to refurbish the B61 primary with reuse of the existing B61 nuclear pit, reuse or remanufacture of the B61 Mod 4 canned subassembly, and consolidation of the B61 Mod 3, 4, and 7 into a single bomb Mod; (3) pending Phase 6.2 feasibility assessment and down-select decisions, implementation and maturation of enhanced surety technologies into the nuclear explosive package; (4) conduct of qualification and certification activities including component and system testing, modeling/simulation work and hydrodynamic testing; and (5) system engineering and integration to ensure compatibility with modern aircraft such as the F-35 Joint Strike Fighter and the new Air Force provided tail subassembly.”[ 46 ] (Hervorhebung der zu bearbeitenden Komponenten durch die Autoren.)

Eine weitere Beschreibung unter Nennung einzelner Komponenten lieferte 2010 der Direktor des Los Alamos National Laboratories, Dr. Michael Anastasio:

„Major components that will be refurbished as part of the LEP include: New detonator cable assembly, main charge, foams, polymers, and a new gas transfer system. This LEP also provides us the opportunity to install enhanced, intrinsic safety and security features by modifying components in existing designs to meet today’s dynamic security environment.” (Hervorhebung durch die Autoren.)[ 47 ]

In den Budgeterläuterungen der NNSA für 2011 werden die Aufgaben der Phase 6.2/6.2A Studie wie folgt erläutert:

„This report will document the conceptual designs, program costs and schedules associated with the nuclear and non-nuclear refurbishment scope, including development of concepts and costs to replace arming and fuzing components (e.g. neutron generator, power supplies, radars and programmer) to address nearterm end-of-life and sustainment concerns on the B61 bomb family.”[ 48 ] (Hervorhebung durch die Autoren.)

In diesem Dokument wird explizit auch eine Modernisierung der nuklearen Komponenten angesprochen:

“Completion of the study will also provide options and a path forward to enable LANL and SNL participation in development of detailed designs to extend the life of the nuclear explosive package which may include an extension of the B61 nuclear primary’s life (reusing the existing B61 nuclear pit), potential implementation of multipoint safety, and reuse or remanufacture of the canned subassembly (CSA) and for a complete life extension of the B61-3,-4, -7 and –10, if directed by the Nuclear weapons Council.” (Hervorhebung durch die Autoren.)[ 49 ]

Über den Umfang des geplanten LEP-Programms bei den Sandia National Laboratories berichtete deren Direktor Paul J. Hommert:

„Whereas the W76 LEP involved redesign and replacement of 18 major Sandia components, the B61 LEP involves 46 such components. (…) For the B61 LEP, we have 13 major categories of technology maturation work underway.”[ 50 ]

Der frühere Leiter des Entwicklungsprogramms bei Sandia, J. F. Nagel hielt 2011 fest: „Das ist das größte Vorhaben seit mehr als 30 Jahren, wahrscheinlich das größte, seit der Entwicklung der B61-3 und –4“.[ 51 ]

Die Beschreibungen des Umfangs des Modernisierungsprogramms werfen indirekt die Frage auf, ob die B61-12 nicht eine weitgehend neue Waffe sein wird, geboren aus dem Bemühen, ein möglichst umfassendes Modernisierungs- und somit Trainingsprogramm für eine neue Generation der Nuklearwaffenspezialisten in Gang zu setzen, das lediglich zwingende politische Vorgaben im Blick auf den Verzicht auf gänzlich neue nukleare Komponenten als Begrenzung akzeptiert.

 

5.2. Geplante technische Neuerungen


5.2.1. Der Nuklearsprengkopf

Bis in das Jahr 2010 waren alle Arbeiten zur Modernisierung der nuklearen Komponenten der B61-Bomben tabu. Der Kongress hatte sie explizit untersagt, das DoE leistete dem Folge. Die Machbarkeitsstudie blieb zunächst auf die nicht-nuklearen Komponenten begrenzt. Die Kongress-Beschlüsse ließen jedoch die Möglichkeit offen, die nuklearen Komponenten nachträglich zum Gegenstand der Machbarkeitsstudie zu machen. Voraussetzungen dafür war, dass der Präsident im Nuclear Posture Review 2010 das B61-12 Programm für notwendig hielt und der Kongress sowie der Präsident eine Untersuchung der nuklearen Komponenten zustimmen würden.

Der Nuclear Posture Review der Obama Administration unterstützte im April 2010 Arbeiten zur Modernisierung der B61-Bomben:

“The NPR concluded that the United States will:
Retain the capability to forward-deploy U.S. nuclear weapons on tactical fighter-bombers and heavy bombers, and proceed with full scope life  extension for the B-61 bomb including enhancing safety, security, and use control.”[ 52 ]

Unmittelbar danach, Anfang Mai 2010, beantragte das DoE beim Kongress die Umwidmung von 53,7 Mio. Dollar zur Verstärkung der Finanzierung des B61-Programms, darunter 19,3 Mio. Dollar „to include an analysis of the nuclear components in the B61 Phase 6.2./2A Study.” Zur Begründung schrieb die NNSA:

“The nuclear approval and associated funding will also enable development and assessment of options to extend the life of the nuclear explosive package to assure long-term viability of the nuclear deterrent. The nuclear options will explore reuse of the existing B61 pit type and reuse or remanufacture of the B61 canned subassembly.”[ 53 ]

Im August 2010 wurde die Mittelumwidmung genehmigt. Die Nuklearwaffenlaboratorien hatten ihre Entwicklungsplanung für die B61-12 so umgestellt, dass sie weiterhin versprachen, bis 2017 die erste fertiggestellte Bombe vorweisen zu können. Der U.S.-Rechnungshof beschreibt das Ergebnis:

“With the lifting of this restriction and reprogramming of about $53.7 million to the program in August 2010, however, an NNSA official told us that NNSA has developed a recovery plan to put the life extension program back on track to meet the 2017 deadline.”[ 54 ]

Der Weg zu einer umfassenden Überarbeitung aller Komponenten der B61-Bomben im Rahmen der Machbarkeitsstudie war nun frei. Die nuklearen Komponenten konnten einbezogen werden. Bei einer thermonuklearen Bombe wie der B61 besteht das Nuclear Explosive Package (NEP oder physics package) aus zwei Komponenten: der Primärsprengsatz, das „Primary“, ist i. d. R. aus einer Kugel aus Plutonium-239, die von einem Mantel aus konventionellen Sprenglinsen umgeben ist, deren Zündung die Kugel nach dem Implosionsprinzip zu einer überkritischen Masse komprimiert und so eine energiereiche Kettenreaktion auslöst. Diese liefert die Strahlungsenergie, die die Kernfusion im „Secondary“, auslöst, in dem Lithium-6-Deuterid und hochangereichertes Uran (sowie Plutonium) zum Einsatz kommen können.[ 55 ] Durch die so genannte Interstage wird die freigesetzte Strahlungsenergie vom Primary auf das Secondary geleitet. Interstage und Secondary befinden sich im sogenannten Canned Sub-Assembly (CSA). Um die Kettenreaktion in Gang zu setzen und zu verstärken, kommen einerseits Neutronengeneratoren zum Einsatz, andererseits wird zusätzlich gasförmiges Tritium eingesetzt.[ 56 ]

Bei der Überarbeitung der Nuklearkomponenten wird in den USA zwischen drei verschiedenen Optionen unterschieden:

  • “Refurbish: Rebuild the warhead nuclear components as close to the original as possible.
  • Reuse: Mix and match the best nuclear components of different warheads – may have to remanufacture parts.
  • Replace: Manufacture new nuclear components similar to those previously nuclear tested.” [ 57 ]

Für die Entwicklung der B61-12 wird im Blick auf das Pit ein „reuse“ präferiert: Plutonium-Pits haben bedingt durch die hohe Halbwertszeit von Plutonium239 (24.110 Jahre) eine Lebensdauer von immerhin rund 100 Jahren.[ 58 ] Das Primary, zu dem neben dem Pit auch Zündkomponenten gehören, soll neu aufgebaut werden.

Im Blick auf das Canned Subassembly (CSA) mit dem Secondary soll untersucht werden, ob das Subassembly der B61-4 wiederverwendet werden kann oder möglichst originalgetreu nachproduziert werden muss (reuse or remanufacture). Da scheinbar nur das CSA der B61-4 infrage kommt, könnte eine begrenzte, verfügbare Stückzahl dieser Komponente sich als Achillesverse für die Wiederverwendung erweisen. Die B61-10 könnte dafür als Problemlösung fungieren. (Vgl. den Exkurs) Viele weitere Komponenten des CSA dürften dagegen modernisiert werden, da solche Maßnahmen nicht unter die politische Vorgabe fallen, keine neuen Nuklearkomponenten einzuführen.

Als konventionellen Sprengstoff verwenden alle noch vorhandenen B61-Modelle inzwischen den PBX-9502 (Plastic-Bonded Explosive). Es handelt sich um einen hochbrisanten Sprengstoff, der das Nuklearmaterial in Millisekunden zu einer kritischen Masse verdichtet, der aber zugleich insensitiv ist. Das heißt, er reagiert auf äußere Einwirkungen (Schläge, Feuer, etc.) ausgesprochen träge, um eine irrtümliche Auslösung einer Explosion in Folge eines Unfalls zu vermeiden. Sprengstoffe, die beide Eigenschaften zugleich besitzen, bezeichnet man als Insensitive High Explosives (IHE).[ 59 ]

Die B61-4 hat eine variable Sprengkraft von 0,3, 1,5, 10 oder 50 KT. Diese Version ist damit der kleinste Sprengkopf unter den zur Auswahl (bzw. Modernisierung) anstehenden Bombenversionen. Die Sprengköpfe wurden weitgehend vor 1990 produziert. Soweit bekannt, gelten für die Modernisierung zwei Vorgaben: Der Nuclear Posture Review 2010 gibt vor, dass die B61-12 keine größere Sprengkraft haben soll als die vorhandenen B61-Modelle. Außerdem soll die B61-12 nicht als Earth Penetrator (EP) ausgelegt werden.[ 60 ] Wird auf die nuklearen Komponenten der B61-4 zurückgegriffen, so muss wegen deren beider kleinsten Sprengkraftoptionen (0,3 und 1,5 KT) gefragt werden, ob damit auch bewusst wieder Arbeiten angestoßen werden sollen, die sich mit Sprengköpfen kleiner und kleinster Explosionskraft befassen und früher unter das Verdikt des Spratt-Furse Amendments zur Arbeit an Mini-Nukes fielen. Das wäre ein bedeutsames politisches Signal.

 

5.2.2. Das Tail Subassembly (TSA) und die Treffgenauigkeit der B61-12

Die derzeitigen B61-Modelle haben eine mittlere Treffgenauigkeit (CEP, Circular Error Probability) von 130-180 Metern.[ 61 ] Mit der B61-12 soll diese deutlich verbessert werden. Die Bombe soll ein Heckleitwerk erhalten, das es erlaubt, sie während des Gleitfluges zu steuern. Es soll aus dem vorhandenen Heckteil konventioneller Präzisionswaffen der JDAM-Klasse (Joint Direct Attack Munition) abgeleitet werden. Mit Hilfe einer Kombination aus Inertial- (INS) und GPS-Lenkung erreichen diese Präzisionsbomben (PGMs – Precision Guided Munitions)schon dann eine mittlere Zielabweichung von rund 30 Metern, wenn keine GPS-Daten verfügbar sind. Stehen diese Daten zur Verfügung, sinkt die mittlere Zielabweichung (CEP) auf etwa 5 Meter.[ 62 ] Da ein GPS-gelenktes System mit vergleichsweise einfachen Mitteln gestört werden kann, wird bei der B61-12 voraussichtlich nur eine moderne, leistungsfähige Inertiallenkung zum Einsatz kommen. Auch sie ermöglicht eine erhebliche Vergrößerung der Zielgenauigkeit. Die Anforderungen an die maximale Sprengkraft der Bombe können deutlich abgesenkt werden, während trotzdem der gleiche militärische Effekt („target kill capacity“) erzielt wird wie mit der größeren Sprengkraft der bisherigen taktischen und strategischen Versionen. Die künftige B61 soll eine maximale Sprengkraft von 50 KT haben und somit die politische Vorgabe einhalten, die Sprengkraft der B61 nicht zu erhöhen. Bislang liegt die maximale Sprengkraft bei 360 KT.[ 63 ]

Das die Steuerung der Bombe ermöglichende Heckteil wird als Tail Subassembly (TSA) oder Tailkit Assembly (TKA) bezeichnet. Es soll von einem Konsortium aus Lockheed Martin Missile and Fire Control (Orlando), Raytheon Missile Systems (Tucson) und Boeing Company (St. Louis) entwickelt werden und basiert wohl auf dem erfolgreich eingeführten Heckleitwerk der konventionellen Joint Direct Attack Munition (JDAM).[ 64 ] Das TSA wird unter der Ägide des Air Armament Centers (AAC), Eglin AFB, entwickelt. Die Kosten wurden bislang auf 800 Millionen Dollar geschätzt, die aus dem Haushalt des Verteidigungsministeriums getragen werden sollen.[ 65 ] Jüngere Schätzungen der Air Force gehen mittlerweile von Kosten in Höhe von 1,2 Mrd. Dollar aus.[ 66 ] Die bereits 2011 initiierte Entwicklung wird nach der Entscheidung des NWC, die Fertigstellung der ersten B61-12 um zwei Jahre zu verschieben, ebenfalls gestreckt.

Die B61-12 wäre die erste Nuklearbombe, die mit einem derartigen Steuerungssystem ausgestattet wird. Sie soll von einer „dummen Eisenbombe“ zu einer  möglichst präzisen Lenkwaffe werden. Ihr künftiger militärischer Einsatzwert würde dadurch deutlich steigen.

Mit einem solchen Heckteil werden allerdings auch einige der bisherigen Einsatzformen der B61-Bomben entfallen, da diese künftig keinen Bremsfallschirm mehr hat. Die B61-12 sollen künftig für Luft-, und Bodendetonationen (midair- bzw. ground-burst) eingesetzt werden können. Dies ist nur aus größeren oder mittleren Höhen möglich, wenn die Bomben im freien Fall abgeworfen werden. Der Wegfall des Bremsfallschirms impliziert, dass die entsprechenden Einsatz-Optionen Parachute Retarded Airburst (REA), Parachute Retarded Ground oder Contact Burst (REG), Parachute Retarded Laydown Surface Burst[ 67 ] künftig entfallen. Erhalten bleiben die Einsatzoptionen Freefall Airburst (FFA), und Freefall Groundburst (FFG). Die Möglichkeit eines Abwurfs aus geringen Flughöhen oder gar dem extremen Tiefflug wird ebenfalls entfallen, da dann die heute schon knapp bemessene Fluchtzeit für die Besatzung des die Waffe einsetzenden Jagdbombers zu klein würde.

 

5.2.3. Sicherheit

Die Verbesserung des Schutzes der B61 gegen einen missbräuchlichen Einsatz und gegen eine Freisetzung von nuklearem Material oder nuklearer Strahlung im Falle eines Unfalls war ein zentrales Argument der Befürworter einer Modernisierung. Das verwundert etwas. Zum einen gehören die vorhandenen B61 bereits zu jenen Atomwaffen, auf deren Sicherheit in der Vergangenheit besonders viel Wert gelegt wurde[ 68 ], zum anderen finden sich erstaunlich wenig Informationen zu den geplanten Verbesserungen in diesem Bereich. Schließlich beschloss das Nuclear Weapons Council Ende 2011, das Modernisierungsvorhaben B61-12 gerade in diesem Bereich zu beschneiden.

Um die B61-Bomben gegen einen unautorisierten Einsatz zu schützen, ist deren Arming, Fuzing, and Firing System (AF&F) bereits seit langem mit einem elektronischen Codeschloss, dem Permissive Action Link (PAL) ausgestattet. Die strategischen Modelle B61-7 und B61-11 verwenden ein siebenstelliges PAL-System der Kategorie Cat D mit zehn Millionen Wahlmöglichkeiten (0000000 bis 9999999), die taktischen B61-Modelle verfügen sogar über ein zwölfstelliges PAL-System der Kategorie Cat F mit einer Billion Möglichkeiten (000000000000 bis 999999999999). Während des Fluges gibt die Besatzung des Flugzeuges den Code über das Aircraft Monitoring and Control System (AMAC) ein, das die Signale über die Interface Control Unit (ICU) in die Bombe einliest. Seit einer Modernisierungsmaßnahme, die 2003 abgeschlossen wurde, kann der Code jetzt jederzeit verschlüsselt bleiben.[ 69 ] Seit etlichen Jahren ist eine weitere Verbesserung des AF&F-Systems in der Diskussion.

Hinzu kommen mehrere Environmental Safety Devices (ESD), die eine Zündung zum Beispiel erst erlauben, wenn bestimmte Parameter (Zeit, Höhe etc.) zutreffen[ 70 ] oder eine ausreichende Übereinstimmung zwischen der realen Flugbahn der Bombe mit der im Voraus berechneten gegeben ist. Beim so genannten ENDS-System (Enhanced Nuclear Detonation Safety) sind die elektrischen Komponenten des Zündmechanismus zusätzlich so angebracht, dass eine unbeabsichtigte Zündauslösung nahezu ausgeschlossen ist. Die Sicherheit der Bombe bei (Flug-)Unfällen oder wenn Unbefugte Verfügung über sie erlangen sollten, soll unter allen Umständen gewahrt bleiben. Das Sandia National Laboratory erläuterte 1989, welche Sicherheitsvorgaben schon bei der Entwicklung der B61-3, -4 und –7 berücksichtigt wurden bzw. bei laufenden Entwicklungsvorhaben angestrebt werden sollten:

„The following goals for achieving nuclear safety were established for the B61-3,4 and B61-7 development programs and are also applicable to the B61-6,8 design:

  • Provide an assured, predictable safe response of the bomb in a broad range of accident environments, including fire, impact, crush, and puncture
  • Provide a design that is insensitive to electrical faults in accident situations
  • Provide a design that meets the nuclear safety requirements without requiring detailed definition of the abnormal environments.

The basic theme of the B61-6,8 nuclear safety design is to isolate nuclear safety critical circuits form all unintended sources of electrical energy.”[ 71 ]

Seither sind die Sicherheitsvorrichtungen der B61-Bomben weiter verbessert worden. Sicherheitsmängel dieser Waffentypen wurden deshalb nur selten bekannt. So kam die Nuclear Weapons System Safety Group (NWSSG) im Jahre 1997 zu der Erkenntnis, dass der Blitzschutz der Flugzeughangars in Europa nicht ausreichend sei, so dass die Gefahr einer unbeabsichtigten nuklearen Detonation bestehen könnte, wenn die Waffen zu Wartungszwecken während eines Gewitters demontiert seien. Daraufhin wurden die Flugzeughangars und deren relevante elektrische Systeme mit einem Blitz- und Überspannungsschutz nachgerüstet, so dass die Nukleare Planungsgruppe (NPG) der NATO im Juni 2001 zufrieden feststellen konnte: „We are assured that the allies´ nuclear weapons and their storage continue to meet the highest standards of safety and security.“[ 72 ]

Die aktuelle Frage lautet jedoch: Wieviel Sicherheit ist möglich und genug? Zusätzlich zu den bereits vorhandenen Schutzmechanismen soll die neue Bombe mit modernsten Sicherheitstechnologien (state-of-the-art capabilities) ausgestattet werden, um eine unautorisierte Detonation bei einem Unfall oder in Folge eines (terroristischen) Diebstahls noch zuverlässiger verhindern zu können. Die neue Bombe soll den Vorgaben der National Security Presidential Directive 28 (NSPD 28 United States Nuclear Weapons Command and Control, Safety, and Security) vom 20. Juni 2003 genügen.
Geplant war, dass die B61-12 nicht nur  - wie bisherige Waffen - dem Kriterium der One-Point-Safety genügen, sondern erstmals eine Multi-Point Safety Technology (MST) erhalten sollte.[ 73 ] Dieses Zielvorstellung strich das NWC jedoch Ende 2011.

Da die B61-12 keinen Bremsfallschirm mehr haben wird, entsteht Platz für neue Sicherheitssysteme. Doch Angaben darüber, welche neuartigen Sicherungssysteme eingebaut werden sollen und auf welche Weise diese wirken sollen, werden seitens der NNSA und des Verteidigungsministeriums meist nur in sehr allgemeiner Form gemacht.

Eine entscheidende Schwäche haben die heutigen Bomben jedoch. Die B61-Bomben verfügen noch nicht über feuerresistente Pits wie sie bei später entwickelten Nuklearwaffen zum Einsatz kamen. Deshalb besteht die Gefahr, dass bei einem Flugzeugunfall, bei dem die Bombe beschädigt wird und längere Zeit den hohen Temperaturen eines Treibstoffbrandes ausgesetzt wird, radioaktives Material freigesetzt und mit den Aerosol- und Rauchwolken des Brandes weiträumig verteilt wird. [ 74 ] Dieses Risiko, das insbesondere an den Standorten der Nuklearwaffen existiert, weil Flugzeugunfälle bei Start und Landung am wahrscheinlichsten sind, kann durch die geplante Modernisierung aller Voraussicht nach nicht eliminiert werden. Der Einbau feuerresistenter Pits würde es erfordern, die Waffe auch erneut zu testen. Dies ist politisch nicht gewollt und deswegen durch die politischen Vorgaben ausgeschlossen.

 



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[ 1 ] ebd.

[ 2 ]           Vgl. z.B.: Yengst, W.C.: The Case for Low Yield Nuclear Weapons, SAIC, San Diego CA, 13. Februar 1992,  White, Deedee: Applications of Low-Yield Weapons against Large Area Targets, SAIC, San Diego CA, 2. November 1992.

[ 3 ]           Die USA unterzeichneten 1996 den CTBT, einen umfassenden Teststoppvertrag, dessen Ratifizierung durch den U.S.-Senat aber 1999 scheiterte. Trotzdem halten alle Regierungen der USA seit Beginn des nationalen Teststoppmoratoriums 1992 daran fest, keine Nuklearwaffentests mehr durchzuführen. Seit 1996 folgen sie damit auch der Verpflichtung der Wiener Konvention, dass Staaten, die einen völkerrechtlichen Vertrag unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert haben, sich so verhalten müssen, als hätten sie ihn bereits ratifiziert. Für die Entwickler nuklearer Waffen bedeutet das, dass die USA entweder auf vorhandene, getestete und funktionsfähige nukleare Waffenkomponenten zurückgreifen müssen oder aber neu entwickelte verwenden können, deren Funktionsfähigkeit nur durch Computer-Simulationen nachgewiesen wurde. Bislang wurde in den USA nur der erste Weg gewählt. Bei Entscheidungen auf politischer Ebene, welche Vorschläge für die Entwicklung künftiger Nuklearwaffen gebilligt werden, spielt es regelmäßig eine große Rolle, dass für Vorhaben keine Nuklearwaffentests erforderlich sein dürfen.

[ 4 ]           Thematisiert wurde damals sowohl die Entwicklung eines RNEP-Sprengkopfes hoher als auch niedriger Sprengkraft.

[ 5 ]           Department of Defense / Department of Energy / Department of State: Report to Congress: An Assessment of the Impact of Repeal of the Prohibition on Low Yield Warhead Development on the Ability of the United States to Achieve Its Nonproliferation Objectives, Washington DC, März 2004

[ 6 ]           Vgl.: Department of Defense / Department of Energy: Report to Congress on the Defeat of Hard and Deeply Buried Targets, Submitted by the Secretary of Defense in Conjunction with the Secretary of Energy, in Response to Section 1044, PL106-398, Washington DC, Juli 2001 und: Paine, Christopher E.: The Bush Administration’s Quest for Earth Penetrating Low Yield Nuclear Weapons, NRDC, Washington DC, Mai 2003

[ 7 ]           U.S. Congress. Committee of Conference .Making Appropriations for Foreign Operations, Export Financing, and Related Programs for the Fiscal Year Ending September 30, 2005, and For Other Purposes, conference report to accompany H.R. 4818, H.Rept. 108-792, 108th Congress, 2nd  Session, 2004, zitiert nach: U.S. Congress. Congressional Record, Washington DC, 19. November, 2004, Book II, H10556.

[ 8 ]           Zuvor waren diese 9 Mio. Dollar unter der Bezeichnung Advanced Concepts Initiative (ACI) budgetiert.

[ 9 ]           Medalia, Jonathan: The Reliable Replacement Warhead Program: Background and Current Developments, Congressional Research Service, RL32929, Washington DC, 23 Juli 2008 und: Medalia, Jonathan: Nuclear Weapons: The Reliable Replacement Warhead Program, Congressional Research Service, RL32929, Washington DC, 26. Mai 2005

[ 10 ]           Medalia, Jonathan: The Reliable Replacement Warhead Program: Background and Current Developments, Congressional Research Service, CRS RL32929, Washington DC, 12. September 2008, Summary

[ 11 ]           Medalia, Jonathan; The Reliable Replacement Warhead Program: Background and Current Developments: Congressional Research Service, CRS RL32929, Washington DC, 18. Dezember 2007, S.26

[ 12 ]            Grossman, Elaine M.: U.S. Air Force Might Modify Nuclear Bomb, Global Security Newswire, Washington DC, 6. September 2008, o. S.

[ 13 ]            ebd.

[ 14 ] Eine an die jüngsten Beschlüsse des NWC adaptierte Zeitplanung für 2012 liegt noch nicht vor. Sie wird frühestens mit dem Stockpile Stewardship Management Plan 2012 vorgelegt.

[ 15 ] Alle anderen Nuklearwaffentypen der USA zusammen durchliefen in diesem Zeitraum genau so viele „Alterations“ wie die B61-Versionen.

[ 16 ]            Gertz, Bill: Tactical Nuclear Battle, Washington Times, Washington DC, 9. September 2009, o. S.

[ 17 ]            Unites States Government Accountability Office: Nuclear Weapons – NNSA and DOD Need to More Effectively Manage the Stockpile Life Extension Program, GAO-09-385, Washington DC, März 2009, S. 5

[ 18 ]            Zit. nach: Reif, Kingston: Congress and the B61, Center for Arms Control & Non-Proliferation, Washington DC, 1. Oktober 2009

[ 19 ]            Zitat ebd.

[ 20 ]           Department of Defense: 2010 Nuclear Posture Review, Washington DC, April 2010, S. 27-28

[ 21 ]            United States Government Accountability Office: Nuclear Weapons – DOD and NNSA Need to Better Manage Scope of Future Refurbishments and Risks to Maintaining U.S. Commitments to NATO, GAO-11-387, Washington DC, Mai 2011, S. 13

[ 22 ]           Zu weiteren Details der Diskussion vgl. Kapitel 5.2.1 dieses Papiers

[ 23 ]           Department of Energy: “November 2010 Update to the National Defense Authorization Act of FY 2010 Section 1251 Report – New START Treaty Framework and Nuclear Force Structure Plans, Washington DC, November 2010, S.4

[ 24 ]           Sandia Lab News, 25.3.2011, S.7 und Sandia Lab News 21.10.2011, S.4, Siehe auch: Kingston, Reif: Hedging on the B61 Life Extension Program, o. O., 14.November 2011, Internet: http://nukesofhazardblog.com/story/2011/11/14/224435/63 Er zitiert MajGen William Chambers mit den Worten; “Further, there has been "no decision made yet" on the specific course of action for extending the B61's life, he said.”

[ 25 ]           112th Congress: Consolidated Appropriations Act, Public Law 112-74, Division B: Energy and Water Development Appropriations Act 2012, Washington DC, 23, Dezember 2011, 125STAT.871

[ 26 ] Die Regierung Obama offerierte den Republikanern im Kongress mit dem Nuclear Posture Review 2010 eine umfassende langfristige Modernisierungplanung für alle im U.S.-Dispositiv verbleibenden Nuklearwaffen und deren Trägersysteme. Ziel dieses Angebots war es, die erforderliche  Zweidrittelmehrheit im Senat für eine Ratifizierung des New START-Abkommens mit Russland sicherzustellen.

[ 27 ]           Die Luftwaffe ist für die Entwicklung eine Heckleitwerks (Tailkit Assembly) sowie für die Interface Control Units zwischen Flugzeug und Bombe sowie zwischen Bombe und Tailkit zuständig.

[ 28 ]           U.S. Congress, Senate Armed Services Committee, Subcommittee on Strategic Forces: To receive testimony on strategic forces programs of the National Nuclear Security Administration and the Department of Energy's Office of Environmental Management in review of the Department of Energy Budget Request for Fiscal Year 2013, Washington DC, 14. März 2012, Vorläufiges Protokoll S.25-27 Internet: http://www.senate.gov/~armed_services/Transcripts/2012/03%20March/12-12%20-%203-14-12.pdf

[ 29 ]           112th Congress, 2nd Session, Senate: Energy and Water Development Appropriations Bill FY 2013, Report 112-164, Washington DC, 26. April 2012, S.94, Internet: http://www.gpo.gov/fdsys/pkg/CRPT-112srpt164/pdf/CRPT-112srpt164.pdf

[ 30 ]           112th Congress, 2nd Session, House:of Representatives: Energy and Water Development Appropriations Bill FY 2013, Report 112-462, Washington DC, 2. Mai 2012, S.113, Internet: http://www.gpo.gov/fdsys/pkg/CRPT-112hrpt462/pdf/CRPT-112hrpt462.pdf

[ 31 ]           Kristensen, Hans M: B61 Nuclear Bomb Costs Escalating, Washington DC, 9. Mai 2012, Internet: http://www.fas.org/blog/ssp/2012/05/b61cost.php

[ 32 ]           Video der Ausschusssitzung: http://www.appropriations.senate.gov/webcasts.cfm?method=webcasts.view&id=3323b75b-a942-4a04-81cf-9fa0bd2975b4 Die Aussagen Feinstein zu den Kosten finden  sich in ihrem kurzen Eröffnungsstatement.

[ 33 ]           Möglich ist, dass ein Teil des Bestandes zur Ersatzteilgewinnung kannibalisiert wurde.

[ 34 ]           In der B61-10 wurden teils neu produzierte, teils aus dem Pershing-II-Sprengkopf übernommene Komponenten verbaut. Vgl.: Johnson, Kent / Keller, Joseph et al: Stockpile Surveillance: Past and Future, Sandia Report 95-2751, UC-700, Albuquerque, Januar 1996, S.12

[ 35 ]           Department of Energy – National Nuclear Security Administration: FY 2011 Congressional Budget Request, Vol. I, Washington DC, Februar 2010, S. 70f

[ 36 ]           Department of Energy – National Nuclear Security Administration: FY 2012 Congressional Budget Request, Vol. I, Washington DC, Februar 2011, S.63

[ 37 ]           Sandia National Laboratory: PAL Control of Theater Nuclear Weapons, UNCLASSIFIED formerly SECRET, Alöbuquerque, 1982, S.71

[ 38 ]            Department of Energy – National Nuclear Security Administration: FY 2012 Congressional Budget Request, Vol. I, Washington DC, Februar 2011, S. 63f

[ 39 ]            United States Government Accountability Office: Nuclear Weapons – DOD and NNSA Need to Better Manage Scope of Future Refurbishments and Risks to Maintaining U.S. Commitments to NATO, GAO-11-387, Washington DC, Mai 2011, S.28

[ 40 ]            ebd. S. 25

[ 41 ]            ebd. S. 27

[ 42 ]            ebd. S. 31

[ 43 ]            Hommert, Paul J.: Statement – United States Senate Committee on Foreign Relations, Washington DC, 15. Juli 2010, S. 4

[ 44 ]           Das „FY 2009 Refurbishment Planning Schedule“ der NNSA weist das Vorhaben für diesen Zeitraum als geplant, aber noch nicht autorisiert aus. Unklar ist, ob es in der Folge aufgeschoben, in die umfangreichere Planung für das B61-LEP verschoben oder als Austausch der Neutronengeneratoren im Rahmen normaler – in der Budgetplanung nicht im Detail aufgelisteter – Instandhaltungsarbeiten doch ausgeführt wurde.

[ 45 ]           GTS = Gas Transfer System

[ 46 ]           NG = Neutron Generator

[ 47 ]            Department of Energy – National Nuclear Security Administration: FY 2012 Congressional Budget Request, Vol. I, Washington DC, Februar 2011, S. 63f

[ 48 ]           Senate Armed Services Committee: New START, Washington DC, 15.Juli 2010, S.104 f.

[ 49 ]           Department of Energy – National Nuclear Security Administration: FY 2011 Congressional Budget Request, Vol. I, Washington DC, Februar 2010, S. 70f

[ 50 ]           ebd. S.70

[ 51 ]            Hommert, Paul J.: Statement – United States Senate Committee on Foreign Relations, Washington DC, 15. Juli 2010, S. 4

[ 52 ]           N.N.: Launching the B61 Life Extension Program, Sandia Lab News, 23.März 2011, S.6

[ 53 ]           Department of Defense: 2010 Nuclear Posture Review, Washington DC, April 2010, S. XIII

[ 54 ]           Department of Energy: Letter by Chief Financial Officer Steve Isakovitz to Ike Skelton, Chairman of the House Armed Services Committee, Washington DC, 5. Mai 2010, Enclosure 2, S.2

[ 55 ]           United States Government Accountability Office: Nuclear Weapons – DOD and NNSA Need to Better Manage Scope of Future Refurbishments and Risks to Maintaining U.S. Commitments to NATO, GAO-11-387, Washington DC, Mai 2011, S.20

[ 56 ]           Die Funktionsweise eines Secondaries beschreibt Lisbeth Gronlund mit den Worten: „The fusion fuel in the secondary takes the form of lithium deuteride (a solid compound of lithium and deuterium). Inside the layer of fusion fuel is a fission "spark plug" consisting of either plutonium-239 or uranium-235. As the primary explosion compresses the fusion fuel from the outside, the spark plug material becomes supercritical and fissions, heating the fusion fuel from the inside and helping to initiate the fusion reactions. Finally, a layer of uranium that surrounds the fusion fuel undergoes fission in response to the neutrons released by the fusion reactions, generally contributing more than half of the total explosive yield of a thermonuclear weapon.” Siehe: Gronlund, Lisbeth: Nuclear Weapons: How They Work, o.O., April 2010, Internet: http://www.ucsusa.org/nuclear_weapons_and_global_security/nuclear_weapons/technical_issues/nuclear-weapons-how-they.html

[ 57 ]           Zur Rolle dieser Materialien vgl: Hoffmann, Manfred: Kernwaffen und Kernwaffenschutz, 4. Auflage, Berlin, 1987, S.75ff sowie: N. N.: Kernwaffentechnik, Wikipedia, o. O., 29.August 2005, Internet: http://de.wikipedia.org/wiki/Kernwaffentechnik Tritium hat eine Halbwertszeit von 12,5 Jahren und muss daher regelmäßig nachgefüllt werden.

[ 58 ]            Vgl: U.S. Strategic Command: Managing the U.S. Nuclear Deterrent – Warheads and Infrastructure, Unclassified, Offutt AFB, o. D. (2009), S. 13 Die JASONS Group verwendet folgende mit der oben verwendeten nicht ganz kongruente Definition:

  • „Refurbishment (current implementation of LEP) – Very generally, individual warhead components are replaced before they degrade with components of (nearly) identical design or that meet the same ”form, fit and function.“
  • Warhead Component Reuse – Refers specifically to the use of existing surplus pit and secondary components from other warhead types. Approach may permit limited warhead surety improvements and some increased margins.
  • Warhead Replacement – Some or all of the components of a warhead are replaced with modern design that are more easily manufacturable, provide increased warhead margins, forego no longer available or hazardous materials, improve safety, security and use control, and offer the potential for further overall stockpile reductions.”

[ 59 ] Vgl.: Mitre Corporation – JASON Program Office, Lifetime Extension Program (LEP) – Executive Summary, JSR-09-334E, McLean VA, 9. September 2009, S. 1f.

[ 60 ]            Die JASON Group stellte dazu fest: “Most primary types have credible minimum lifetimes in excess of 100 years as regards aging of plutonium; those with assessed minimum lifetimes of 100 years or less have clear mitigation paths that are proposed and/or being implemented.” Siehe: Mitre Corporation– JASON Program Office: Pit Lifetime, JSR-06,335, McLean VA, 11. Januar 2007, S. 1

[ 61 ]           Allerdings haben Versuche bei Kälte Anfang der 1980er Jahre ergeben, dass die Verwendung des IHE unter diesen Bedingungen zu unerwarteten Ergebnissen führte: Die Waffe hatte eine um 25% niedrigere Sprengkraft als vorherberechnet. Vgl.: Sublette, Carey: The B61 (Mk-61) Bomb – Intermediate yield strategic and tactical thermonuclear bomb, USA, 9. Januar 2007, o. S.

[ 62 ]            Dazu erklärte die Pressesprecherin des STRATCOM, Major Regina Winchester: „Neither STRATCOM nor DoD is pursuing any nuclear penetrator capabilities.” Siehe: Gertz, Bill: Tactical Nuclear Battle, Washington Times, Washington DC, 9. September 2009.

[ 63 ]            Kolbas, Patrick Joseph: Beyond Armageddon: Deterrence with Less, Naval Postgraduate School, Thesis, Juni 1991, Monterey, S.45 und: Sublette, Carey: The B61 (Mk-61) Bomb – Intermediate yield strategic and tactical thermonuclear bomb, USA, 9. Januar 2007, o. S.

[ 64 ]            Kristensen, Hans M.: The B61 Life-Extension Program: Increasing NATO Nuclear Capability and Precision Low-Yield Strikes, Federation of American Scientists, Issue Brief, Washington DC, Juni 2011, S. 2

[ 65 ]            ebd. S. 2

[ 66 ]            Bei JDAM handelt es sich um einen Nachrüstsatz aus Sensoren und INS/GPS-Anlagen plus Steuerflügeln. Diese kommen bei einer ganzen Palette konventioneller Bomben zu Einsatz, so dass keine bestimmte Größenangabe gemacht werden kann.

[ 67 ]            United States Government Accountability Office: Nuclear Weapons – DOD and NNSA Need to Better Manage Scope of Future Refurbishments and Risks to Maintaining U.S. Commitments to NATO, GAO-11-387, Washington DC, Mai 2011, S. 30

[ 68 ]           Kristensen, Hans M.: B61-12: NNSA’s Gold Plated Nuclear Bomb Project, 27. Juli 2012, Internet: www.fas.org/blog/ssp/2012/07/b61-12gold.php

[ 69 ]            Bei einem laydown-Abwurf erfolgt die Detonation erst mit zeitlicher Verzögerung nach dem Aufprall auf den Erdboden. Die Zeitverzögerung beträgt wahlweise 31 oder 81 Sekunden.

[ 70 ]           Waffen, die die USA auch außerhalb des eigenen Territoriums lagern, bekommen seit vielen Jahrzehnten Sicherheitsvorkehrungen höheren Standards als Waffen, die ausschließlich in den USA gelagert werden.

[ 71 ]            Die Modelle B61-3, B61-4 und B61-7 besitzen u. a. ein MC2969 Intent Stronglink Switch, das das Zündsystem bei Eingabe eines falschen Codes solange blockiert, bis die richtige Zahlenkombination (hier: Intent unique signal – IUQS) eingegeben wird. Im Rahmen einer Nachrüstung wurden die B61-3, B61-4 und B61-10 ab 2001 mit einem Code Management System (CMS) für das Preflight Control System (PCS) ausgerüstet. Zusätzlich wurde 1998 bis 2003 ein MC4519 MCCS Encryption Translator Assembly (MET) eingebaut.

[ 72 ]            Dazu sind die B61-3, B61-4 und B61-7 mit einem MC2935 Trajectory Stronglink Switch ausgerüstet, der nur bei einem richtigen Signal (Trajectory unique signal – TUQS) eine Entriegelung der Sicherheitsmechanismen erlaubt. Desweiteren ist die B61-7 mit einem MC3637 Programmer ausgerüstet, der die interne Stromversorgung regelt und die Radardaten verarbeitet. Außerdem waren die B61-3 und B61-4 mit einem MC2948 Trajectory Strong-Link Switch und die B61-7 mit einem MC3640 TSSG ausgerüstet. Nicht zuletzt wurden die B61 zwischen 1998 und 2003 mit einem neuen Trajectory Sensing Signal Generator (TSSG) ausgerüstet. Siehe: N.N.: B 61, o. O., o. D., Internet: http://wiki.scramble.nl/index.php/B61 , o. S.

[ 73 ]            Sandia National Laboratories: Interim Development Report for the B61-6,8 Bombs (U), UNCLASSIFIED, Albuquerque, 3. März 1989, S. 41

[ 74 ]            Zit. n.: Kristensen, Hans M.: U.S. Nuclear Weapons in Europe – A Review of Post-Cold War Policy, Force Levels, and War Planning, Natural Resources Defense Council, Washington DC, Februar 2005, S. 51f.

[ 75 ]            Durch die One-Point Safety beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass an irgendeiner Stelle der Bombe eine Explosion von mehr als 4 Pound ihres konventionellen Sprengstoffes ausgelöst wird, nur 1 : 1.000.000. Durch das Konzept der Multi-Point-Safety sollte diese  Wahrscheinlichkeit um weitere Größenordnungen verringert werden.