BITS - Stichwort
14. Oktober 2003


3. Aktualisierung vom 20. November 2005



Weitere Deutsche Nuklearwaffenträger für Israel? - Die Dolphin-U-Boote

von Otfried Nassauer und Christopher Steinmetz


Neues U-Boot –Geschäft mit Israel!

Deutschland wird Israel zwei weitere Dolphin-U-Boote liefern, diesmal mit dem neuartigen aussenluft-unabhängigen Brennstoffzellen-Antrieb. Dies meldeten am Wochenende „Der Spiegel“ und „Focus“. Der Vertrag über die zusätzlichen Boote soll am Montag, also einen Tag vor der Wahl einer neuen Kanzlerin auf Staatssekretärsebene (BMVg und AA) unterzeichnet werden. Die Zustimmung des Bundessicherheitsrates liegt vor . Auch Außenminister Fischer habe der Lieferung zugestimmt.. Das Geschäft sei mit der künftigen Kanzlerin, Angela Merkel und ihrem designierten Verteidigungsminister, Franz Josef Jung, abgestimmt.

Mit einer Milliarde €uro werden die beiden zusätzlichen U-Boote mehr als doppelt so teurer kalkuliert wie jene, die Israel 1999 und 2000 erhielt. Ein Drittel, bis zu 330 Millionen €uro, sollen nicht aus dem Einzelplan 14 des deutschen Verteidigungsministeriums getragen werden, sondern aus dem Einzelplan 60 des Finanzministeriums. Durch das Geschäft erhält das Verteidigungsministerium die Möglichkeit, das geplante, zweite Los des U-Boot-Typs U-212 für die Bundesmarine zu verschieben, weil die Bauwerft – HDW-Kiel – nun länger ausgelastet sein wird. Israel will die restlichen zwei Drittel beisteuern – zu einem großen Teil durch Zulieferungen an die Bundeswehr. So wird das Hauptproblem Jerusalems umgangen, die Verfügbarkeit frei konvertierbarer Währungen. [Hinweis 1]

Israel bemüht sich seit etwa drei Jahren intensiv um zusätzliche U-Boote vom Typ Dolphin. Lange war dieses Bemühen aber an der Finanzierungsfrage gescheitert. Deutschland war ursprünglich nicht bereit, erneut Mittel aus dem Verteidigungshaushalt bereit zu stellen (s.u.).

Aus Jerusalemer Sicht wäre es vorteilhaft, im oder am Roten Meer eine zweite U-Boot-Flottille für Operationen in der Arabischen See und im Indischen Ozean aufbauen zu können. Regelmäßige Patrouillen in diesen Seegebieten würden Israel neue militärische Optionen gegenüber jenen Staaten eröffnen, die Israel für besonders bedrohlich hält: Die Nuklearmacht Pakistan, Saudi-Arabien und vor allem den Iran, der nach israelischer Auffassung nach Atomwaffen strebt. Etliche Indizien (s.u.) deuten darauf hin, dass Israel die U-Boote der Dolphin-Klasse als Träger für weitreichende Flugkörper und als seegestützten Teil der israelischen Nuklearabschreckung einsetzen will oder bereits einsetzt.

Aus deutscher Sicht machen vor allem drei Aspekte das neuerliche U-Bootgeschäft politisch brisant und fragwürdig:

  • Schon der Anschein, dass Deutschland dazu beiträgt Israels Nuklearpotential zu modernisieren oder aufrechtzuerhalten, schädigt die Glaubwürdigkeit der deutschen nuklearen Nichtverbreitungspolitik. Deutschlands politische Unterstützung einer atom- oder massenvernichtungswaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten kann kaum glaubwürdig sein, wenn der Eindruck entsteht, dies halte man erst in ferner Zukunft für eine Option.
  • Deutschlands Vermittlerrolle im Streit um das iranische Atomprogramm verliert ebenfalls deutlich an Glaubwürdigkeit. Wie soll Berlin ein „neutraler“ Vermittler sein, wenn es zugleich Israel hilft, sein Nuklearpotential zu modernisieren.
  • Schleusen öffnet das Geschäft in der deutschen Rüstungsexportpolitik. Um die U-Boote zu liefern bedarf es auch der Genehmigung für den Export vieler Hi-Tech- und Rüstungskomponenten. Dies führt zu Präzedenzfällen, auf die sich künftig Firmen, die ähnliche Technologien und Komponenten exportieren wollen, berufen können und werden.

Hinzu kommt möglicherweise ein vierter Aspekt, der derzeit nicht mit ausreichender Sicherheit gewichtet werden kann. Mit 500 Millionen €uro sind die zwei neuen U-Boote pro Stück mehr als doppelt so teuer wie die drei ersten Boote. Inflation und neuer Antrieb reichen wohl nicht aus, um alleine die Mehrkosten zu erklären. Die Bundeswehr-U-Boote der Klasse U-212A sind nicht annähernd so teuer. Der Betrag für die Israel-Boote könnte also weitere „Geschäfte“ enthalten. Auffällig ist auch, dass der deutsche Beitrag mit 330 Mio € verdächtig nahe an jene 430 Mio € herankommt , mit denen die Bundesrepublik Israel seine ersten beiden Dolphine schenkte.

Stellt dieses U-Boot-Geschäft nun den vorläufigen Abschluss des Projektes dar? Voraussichtlich nicht. Israel wird möglicherweise weiterhin ein sechstes Boot wünschen und zudem seine bereits vorhandenen Dolphin-U-Boote an den technischen Stand der neu zu liefernden anpassen wollen.


Neues U-Boot-Geschäft mit Israel?

Für ein neues U-Boot-Geschäft mit Israel hat sich Verteidigungsminister Struck ausgesprochen: "Die israelische Regierung will zwei neue U-Boote kaufen sowie die drei bereits genutzten modernisieren. Wir sind selbstverständlich bereit, Israel beim Erwerb zu helfen und zu unterstützen.", sagte Struck dem Handelsblatt am 9.September 2004. Auch erneute finanzielle Hilfe schloß der Minister nicht grundsätzlich aus. Sie sei zwar "aus dem Verteidigungsetat...unmöglich", aber man wolle "zusammen mit dem Wirtschaftsministerium prüfen, welche Instrumente das Geschäft ermöglichen können." Unklar ist, ob aus Äußerungen Strucks darauf geschlossen werden kann, dass - so einige ausländische Medien - der Bundessicherheitsrat bereits einen entsprechenden Beschluss gefaßt hat. Israel finanzierte seine vorhandenen drei Dolphin-U-Boote weitgehend aus deutschen Steuermitteln, dem Einzelplan 60 "Allgemeine Finanzverwaltung" des Bundeshaushalts.

Der Wunsch Israels nach zwei weiteren U-Booten aus deutscher Hand ist nicht neu: Er wurde erstmals während der Irak-Krise Ende 2002, Anfang 2003 laut. Israel möchte neben einer Mittelmeerflottille auch eine U-Boot-Basis am Roten Meer aufbauen, um aus dem Arabischen Meer und dem Indischen Ozean heraus flexiblere Handlungsmöglichkeiten z.B. gegenüber dem Iran zu gewinnen. Dieser, so fürchtet Israel, ist auf dem Wege, Atommacht zu werden. Weitere U-Boote - jetzt mit dem außenluftunabhängigen Antrieb, den HDW erstmals in das deutsche U-Boot der neuen Klasse 212A eingebaut hat - sind auch wegen der damit verbundenen erheblichen Reichweitensteigerung attraktiv. Die vorhandenen Boote könnten mit diesem Antrieb nachgerüstet werden und zugleich einige der neuen Technologien enthalten, die in die deutschen U-Boote des ersten Loses der Klasse 212 integriert wurden bzw. in deren 2. Los integriert werden sollen.

Das Interesse der Bundesregierung an dem Geschäft ist wohl vorrangig industriepolitischer Art. Aus dem U-Boot-Bauer HDW sowie den Werften des Thyssen-Konzerns soll noch in diesem Jahr ein norddeutscher Werftenverbund entstehen, um die deutschen Werften für eine künftige Integration der europäischen Werftindustrie vor allem gegenüber der französischen Industrie konkurrenzfähiger zu machen. Zusammen mit einem vorgezogenen Bau von Fregatten der Klasse 125 würde das U-Boot-Exportgeschäft mit Israel das Zusammengehen für die Werften attraktiver machen und zudem deren Stellung in Europa stärken. Für HDW wäre zudem attraktiv, dass die Werft, die künftig allein vom U-Boot-Bau leben soll und zurecht befürchtet, dass dies schwerlich möglich sein wird, erneut einer verlängerten Phase gesicherter Auslastung entgegensehen könnte. Dort wäre mit einem reduzierten Widerstand der Belegschaft gegen die geplante Fusion zu rechnen.

Erstaunlicherweise sind Vermutungen, dass Israel die aus Deutschland gelieferten U-Boote vorort zu Nuklearwaffenträgern umrüstet für Verteidigungsminister Struck überhaupt kein Anlass zu irgendeiner Befürchtung. Israel wolle die Boote zum, "Küstenschutz" in flachen Gewässern einsetzen und zudem habe es "bereits früher Exportgenehmigungen für den Verkauf von U-Booten nach Israel gegeben", sagte Struck dem Handelsblatt. Gespielte Naivität? Israel dagegen macht keinen Hehl aus der Tatsache, dass es sich ein U-Boot-gestütztes und damit sehr sicheres Abschreckungspotential wünscht. Sollte Israel, das als unerklärte Nuklearmacht außerhalb des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrages agiert, die U-Boote als Nuklearwaffenträger einsetzen, so hätte dies schwere Glaubwürdigkeitsprobleme für die deutsche Nichtverbreitungspolitik zur Folge.


Die Dolphin-U-Boote und ihre Bewaffnung

Am 27. Juli 1999 erreicht die "Dolphin" Haifa. Das in Deutschland gebaute U-Boot ist das erste von drei Schiffen, die bis Oktober 2000 ausgeliefert wurden. Bei Ankunft des Bootes war eine kleine Schnellbootflottille zur Begrüßung ausgelaufen, Kampflugzeuge der israelischen Luftwaffe überflogen die Szene im Formationsflug. Die weiteren Boote heißen "Leviathan" und "Tekuma" und erreichten im November 1999 bzw. Oktober 2000 Israel.[ 1 ] Nach Ankunft in Israel wurden all drei U-Boote dort umgerüstet, bevor sie in Dienst gestellt wurden. Sie eröffneten ein neues Kapitel in der Geschichte der israelischen Marine. Israel verfügt nun über äußerst leistungsfähige, modernste konventionelle U-Boote. Seit Jahren verdichten sich die Gerüchte, daß sie in Israel zu Trägerplattformen für Nuklearwaffen umgerüstet werden.

Die neuen U-Boote Israels wurden als Typ 800 vom Ingenieurs-Kontor Lübeck (IKL) entworfen und von den Werften HDW und TNSW gebaut. Die knapp 60 Meter langen Boote sind mit rund 1,900 to Wasserverdrängung im getauchten Zustand mehr als doppelt so groß wie die GAL-U-Boote, die Israel zuvor nutzte. Sie verfügen über eine Reichweite von ca. 4.500 nautischen Meilen und können damit als Operationsgebiet das gesamte Mittelmeer abdecken oder aber vom Roten Meer aus bis weit in den Indischen Ozean hinein operieren. Sie sind speziell für den Einsatz in relativ flachen, küstennahen Gewässern entwickelt, können aber von der Technik her auch mehr als 300 Meter tief tauchen. Der Antrieb der Boote ist konventionell; auf den Einbau des damals noch in Entwicklung befindlichen außenluftunabhängigen Antriebs, den HDW derzeit in die deutschen U-Boote vom Typ 212A einbaut, verzichtete Israel, ob wohl dieser die Möglichkeiten zu langen Tauchfahrten deutlich vergrößert. Die Dolphin-U-Boote gelten als ausgesprochen leise und sind damit äußerst schwer zu orten.

Ausgestattet sind die U-Boote mit einem modernen computerisierten Führungs- und Gefechtssystem von STN-Atlas-Elektronik sowie mit einer Vielzahl moderner deutscher und israelischer Sensor-Systeme.

Die Israelische Marine will diese U-Boote für eine Vielzahl von Zwecken nutzen. Vorrangiges Einsatzgebiet ist das Mittelmeer, an dem auch Israels derzeit einziger U-Boot-Stützpunkt liegt[ 2 ]. Hier dienen die Boote im Spannungs- oder Kriegsfall unter anderem der Sicherung der Nachschubwege auf See, der Bekämpfung feindlicher Seestreitkräfte, der Störung feindlicher Seenachschubwege, der Durchführung von Landeoperationen mit von den U-Booten angelandeten und wieder abgeholten Spezialkräften, der verdeckten Verminung von Seegebieten und Häfen und der Bekämpfung von Landzielen von See her. Schon im Frieden, aber natürlich auch in Kriegszeiten eigenen die sich U-Boote natürlich auch zur Aufklärung und zur Gewinnung von Daten und Informationen, eine ihrer wichtigsten Aufgaben. Außerhalb des Mittelmeeres operieren die U-Boote Israels nur in wenigen Fällen.[ 3 ]

Jedoch weisen die Dolphin-U-Boote eine für die westliche U-Boot-Welt auffällige Besonderheit auf. Sie verfügen über zehn Torpedorohre und eine Frontsektion, mit der Waffen zweier unterschiedlicher Kaliber verschossen werden können. Sechs Torpedorohre haben das Kaliber 533 mm, das in der westlichen Welt üblich ist. Aus Rohren dieses Kalibers können

  • schwere Torpedos des deutschen Typs Seehecht (DM2A3) verschossen,
  • Flugkörper des Typs Sub-Harpoon (oder theoretisch sogar seegestützte Marschflugkörper vom Typ Tomahawk) gegen See- und Landziele gestartet,
  • Seeminen verlegt und
  • Kampfschwimmer bzw. Spezialkräfte abgesetzt bzw wieder aufgenommen werden.

Insgesamt können 16 Raketen und/oder Torpedos (sowie Seeminen) mitgeführt werden.[ 4 ]

Darüberhinaus verfügen die Dolphin-U-Boote über vier Torpedorohre des ungewöhnlichen Kalibers 650 mm[ 5 ], das in der Vergangenheit nur von der Sowjetunion genutzt wurde, um überschwere Torpedos und vor allem konventionelle und nukleare Marschflugkörper zu verschießen. An dieser Besonderheit, die auch der Bauwerft HDW eine in der westlichen Welt einmalige Technologie bescherte, knüpfen viele Überlegungen an, die nach Sinn und Zweck der weiteren vier Rohre fragen.


Nuklearwaffenträger oder nicht?

Am 12.10.2003 berichtet die Los Angeles Times, Israel sei es nunmehr gelungen, die Dolphin-U-Boote mit nuklear bestückten Sub-Harpoon-Flugkörpern zu bestücken, für die in den letzten Jahren ein Atomsprengkopf, eine Lenkeinrichtung für Schiff-Land-Einsätze und weitere Komponenten von der israelischen Rüstungsindustrie entwickelt worden sei. Israel verfüge nunmehr über eine seegestützte, und damit kaum noch verwundbare nukleare Abschreckungsfähigkeit. Dies hätten zwei ungenannte Quellen aus Kreisen der US-Administration sowie unabhängig davon eine israelische Quelle bestätigt. Die Intention der Informanten sei es gewesen, Israel durch die Veröffentlichung zu schützen.

Gerüchte, daß Israel die in Deutschland gebauten Dolphin-U-Boote zu Nuklearwaffenträgern umrüsten wolle, gab es schon früh. Zunächst tauchten sie als unbewiesene Behauptungen auf, später konkretisierten sie sich. Im Jahre 2000 berichteten sowohl die Washington Post als auch die Sunday Times, Israel beabsichtige nukleare Sub-Harpoon-Raketen an Bord der Boote zu stationieren.[ 6 ]

Doch während kaum Zweifel daran bestehen können, daß Israel eine seegestützte nukleare Abschreckung aufbaut, ist Vorsicht angebracht, wenn es um Meldungen geht, daß diese aus nuklear-bestückten Sub-Harpoon-Raketen besteht. Diese Raketen tragen in ihrer konventionellen Version einen 227kg schweren Sprengkopf über eine Entfernung von ca. 130 Kilometer. Nukleare Sprengköpfe sind meist schwerer als konventionelle. Selbst wenn es Israel gelungen sein sollte, einen sehr, sehr leichten atomaren Sprengkopf für diesen Flugkörper zu entwickeln[ 7 ] und selbst wenn es gelungen sein sollte, dessen Reichweite deutlich zu steigern, so wäre dies im Blick auf die strategischen Interessen Israels doch höchstens eine unbefriedigende Interimslösung. Sie hätte zudem viel Geld gekostet, denn die Entwicklung eines neuen Atomsprengkopfes ist teuer, genauso wie die Umrüstung des Flugkörpers.

Zur Verdeutlichung: Selbst mit einer Harpoon-Rakete, die mit 250km rund doppelt soweit fliegt wie ihr konventionelles Gegenstück könnte Israel nur einige wenige für seine Nuklearabschreckung wichtige Ziele abdecken. Diese liegen nämlich oft nicht in Küstennähe, sondern tief im Inneren anderer Staaten. Zudem: Selbst küstennahe Ziele im Iran, in Saudi-Arabien oder gar in Pakistan könnten mit einer Rakete dieser Reichweite nur angegriffen werden, wenn die U-Boote zunächst durch den Suez-Kanal, die Straße von Gibraltar oder die Dardanellen aus dem Mittelmeer nahe genug an die Küsten des Ziellandes verlegt worden wären. Von ihrem normalen Operationsraum im Mittelmeer aus könnten mit Flugkörpern dieser Art nur relativ wenige interessante Ziele erreicht werden. Ein Angriff auf diese wäre darüber hinaus oft zugleich mit dem Risiko behaftet, daß der nukleare Fallout vor den Grenzen Israels nicht halt macht.

Ähnliche Argumente sprechen auch gegen eine weitere Flugkörper-Variante, die in der Berichterstattung zur Bewaffnung der Dolphin-U-Boote Erwähnung fand: Die Ausstattung der U-Boote mit sogenannten "Turbo-Popeye" Raketen mit 200-350 km Reichweite.[ 8 ]

Israels strategische Interessen an einer seegestützten nuklearen Abschreckungsfähigkeit geben die Notwendigkeit zu weit größeren Fähigkeiten, zu einer größeren Reichweite der Flugkörper vor. Diese müßte bei mindestens knapp 1.000 oder sogar bei 1.500 und mehr Kilometer liegen, wollte Israel die wichtigsten Ziele seiner potentiellen Gegner in Ländern wie dem Iran, Saudi-Arabien oder gar Pakistan unter Risiko halten.

Dies machte schon der erste Versuch Israels an geeignete nuklearfähige Trägersysteme zu kommen deutlich. Israel fragte in den USA an, ob Washington bereit sei, 50 Marschflugkörpern vom Typ Tomahawk zu liefern. Deren nukleare Variante hat eine Reichweite von 2.500 Kilometern. Die USA aber waren zu einer solchen Lieferung nicht bereit.[ 9 ]

Seither gibt es immer wieder Meldungen, daß Israel einen eigenen Flugkörper größerer Reichweite entwickle. Über Existenz und Fortschritte eines solchen Programms gibt es kaum verläßliche Nachrichten: Vor Sri Lanka sollen im Mai 2000 Tests mit Flugkörpern größerer Reichweite (1500km) durchgeführt worden sein.[ 10 ] Darauf angesprochen, antwortete Eli Marum, Operationschef der israelischen Marine, mit einer Gegenfrage: "Sie wissen, wer unsere Nachbarn sind. Glauben Sie, dass wir Langstreckenraketen testen sollten?"[ 11 ]

Flugkörper größerer Reichweite könnten auch den eigentlichen Zweck der vier zusätzlichen Torpedorohre mit 650mm Durchmesser erklären.[ 12 ] Je größer der Durchmesser eines Flugkörpers, desto mehr Treibstoff kann in einem Flugkörper begrenzter Länge untergebracht werden. Die nuklearfähigen Flugkörper zum Abschuss aus diesen Rohren könnte Israel sowohl weitgehend eigenständig als auch mit diskreter Hilfe anderer Staaten entwickeln oder entwickelt haben. Ihre Einrüstung könnte Teil der Umrüstarbeiten sein, die Israel an allen aus Deutschland gelieferten Dolphin-U-Booten vornimmt.

Aus israelischer Sicht stellt eine seegestützte nukleare Abschreckung ein strategisches Element dar, das sich auch gegen weiter entfernte potentielle Gegner richtet. Schon am 1.Dezember 1990 hatte der ehemalige Kommandeur der israelischen Marine, GenMaj. Avraham Botzer in der Fernsehsendung "A New Evening" (1.Programm) gesagt: "Diese U-Boote müssen Mittel des Staates Israel sein. (..) Überall auf der Welt dienen U-Boote als Teil des Abschreckungssystems gegen nicht-konventionelle Kriegführung. (...) Sie sind ein Weg, um zu garantieren, daß der Feind sich nicht herausgelockt fühlt, präemptiv mit nicht-konventionellen Waffen zuzuschlagen und doch ungestraft davonzukommen.[ 13 ]


Prävention

Einen Tag vor der Veröffentlichung der Los Angeles Times, am 11.10.03 meldete der Spiegel vorab, Israels Regierung habe den Mossad beauftragt, operative Planungen zu entwickeln, um die iranischen Nuklearanlagen vollständig durch einen militärischen Präventivschlag auszuschalten.[ 14 ] In israelischen Sicherheitskreisen halte man eine solche Operation für realisierbar. Stehen diese Meldungen in einem Zusammenhang? Ja und Nein.

Israel hat als einziger Staat der Erde in der Vergangenheit außerhalb eines Krieges einen solchen militärischen Präventivschlag durchgeführt. Im Juni 1981 zerstörten israelische Kampfflugzeuge den irakischen Reaktor Osirak. Nur mit Hilfe der USA konnte Israel eine scharfe Verurteilung seines völkerrechtswidrigen Vorgehens im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen abwenden - Washington machte von seinem Vetorecht Gebrauch. Einige Quellen berichten, daß Israel etwa zur gleichen Zeit auch daran gedacht habe, die pakistanischen Nuklearanlagen präventiv zu zerstören[ 15 ], aber seitens Indien die erforderlichen Lande- und Überflugrechte nicht erhalten zu haben.

Die damalige politische Konstellation in Washington unter Ronald Reagan ähnelte bzgl. der Israelpolitik der heutigen. Die Regierung Sharon dürfte sich ziemlich sicher sein, daß Washington eine Verurteilung Israels im Sicherheitsrat erneut verhindern würde, zumal Washington selbst mittlerweile präventive Angriffe dieser Art nicht mehr ausschließt, sondern offen als Teil der nationalen Sicherheitsstrategie ausweist. Dieses Wissen wiederum könnte in der Regierung Sharon jene stärken, die bereit sind, einen solchen Angriff nicht nur zu planen, sondern auch durchzuführen. Israel hat wiederholt deutlich gemacht, daß es die Nuklearprogramme seiner arabischen Nachbarn nicht bereit sei zu dulden (Begin-Doktrin).

Entsprechend deutlich sind die aktuellen Reaktionen aus dem Iran, die Israel vor einer "Dummheit" warnen und entschiedene Gegenwehr - so z.B. Angriffe auf die israelische Nuklearanlage Dimona - ankündigen. Angesichts dieser angespannten Lage könnte die Indiskretion der amerikanischen Regierungsmitarbeiter in der Los Angeles Times in der Tat darauf zielen, beide Seiten rasch vor einem zu unvorsichtigen Vorgehen zu warnen.

In den Bereich der Spekulation über das höchst Unwahrscheinliche gehören dagegen Überlegungen und Fragen, ob Israel zur Zerstörung der iranischen Nuklearanlagen ggf. Nuklearwaffen einsetzen könnte. Schon über den konventionellen Angriff auf den Reaktor Osirak sagte Ariel Scharon, heute Israels Premierminister, damals: "Das war vielleicht die schwierigste Entscheidung vor der jemals eine israelische Regierung während all der Jahre der Existenz unseres Staates stand." Ungleich problematischer und folgenschwerer wäre ein nuklearer Angriff auf iranische Nuklearanlagen. Angesichts der konventionellen Fähigkeiten und der Tradition Israels, den Besitz nuklearer Waffen nicht zuzugeben, erscheint ein solches Vorgehen praktisch unvorstellbar.[ 16 ]


Eine unendliche Geschichte?

Im Kontext der erneuten Golfkrise Ende 2002 / Anfang 2003 äußerte Israel gegenüber Deutschland den Wunsch nach zwei weiteren Dolphin-U-Booten und machte damit deutlich, daß es die ursprüngliche Planung, fünf U-Boote zu beschaffen, nicht zu den Akten gelegt hat.[ 17 ]Die Bundesregierung wird sich deshalb erneut und angesichts des Wissens um die Tatsache, daß Israel die aus Deutschland gelieferten U-Boote als Nuklearwaffenträger nutzen will, mit einem äußerst heiklen Exportvorhaben und dessen Genehmigung auseinandersetzen müssen.

Ein Rückblick: Die Geschichte der Dolphin-U-Boote beginnt in der ersten Hälfte der 80er Jahre, als Israel über einen Nachfolger für seine nach deutschen Plänen und mit deutscher Hilfe in Großbritannien gebauten drei U-Boote der GAL-Klasse nachdachte. Die israelische Marine forderte damals eine Flotte von fünf U-Booten mit einer Verdrängung von etwa 1.500 Tonnen, einer Reichweite, die das ganze Mittelmeer abdecken könne, einer sehr kleinen Besatzung sowie vielseitigen Einsatzmöglichkeiten. Aufgrund seiner positiven Erfahrungen mit den in Deutschland entworfenen GAL-U-Booten wandte sich Israel an deren Konstruktionsbüro, das Igenieurskontor-Lübeck, IKL, und die Howaldts-Deutsche Werft AG. Ab 1986 wurde dort eine neue U-Boot-Klasse für Israel entwickelt und von Israel bezahlt. Das Projekt wurde zufällig öffentlich bekannt, als ein Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages potentiell illegale U-Boot-Zulieferungen an das unter Embargo stehende Apartheitsregime in Südafrika untersuchte. Doch die Finanzierung des Baus neuer U-Boote erwies sich als schwierig. Mitte 1988 begannen Planungen, Gelder aus der US-Militärhilfe für diesen Zweck zu verwenden und bei der US-Werft Ingalls U-Boote aus in Deutschland vorproduzierten Sektionen zusammenzubauen. Washington war 1989 bereit, bis zu 600 Mio. US-Dollar bereitzustellen, aber Israel konnte seinen Anteil an der Finanzierung nicht erbringen, sodaß das schon vertraglich vereinbarte Vorhaben im November 1990 zunächst gestoppt wurde.[ 18 ] Die Entwicklungsarbeiten aber wurden in Deutschland und in Israel weitergeführt. Das Design der U-Boote wurde wahrscheinlich Anfang der 90er Jahre noch einmal in einem entscheidenden Detail verändert. Die Frontsektion des U-Boots mit den Torpedorohren wurde neu konstruiert, um neben den immer vorgesehenen Torpedorohren vom Kaliber 533mm zusätzlich Rohre des Kalibers 650mm vorzusehen.[ 19 ]

Doch bereits Anfang 1991 eröffnete sich eine neue Realisierungsoption. Unter dem Druck einer durch Veröffentlichungen des Simon Wiesenthal Instituts ausgelösten Nachforschungskampagne zu deutschen Zulieferungen zu den Massenvernichtungswaffenprogrammen Saddam Husseins, begann die Bundesregierung über Möglichkeiten nachzudenken, Israel militärisch zu unterstützen. Am 30. Januar 1991 vereinbarte die Bundesregierung mit Israel die Lieferung von Rüstungsgütern im Wert von 1,2 Mrd. DM.[ 20 ] Zwei neue U-Boote sollten daraus unter anderem finanziert werden.[ 21 ] Im Juni 1991 wurde das entsprechende Abkommen unterzeichnet. Ein Jahr später begannen Verhandlungen über ein drittes Boot. Diese kamen erst 1994 zum Abschluß, nachdem die Bundesregierung erneut eine Kostenbeteiligung zugesagt hatte. Am 9.Februar 1995 wurde darüber ein Zusatzabkommen unterzeichnet. Im Februar 1992 begannen die Vorbereitungsarbeiten für den Bau. 1994 begann der Bau des ersten U-Boots bei HDW. Der Bau des zweiten Bootes begann 1995, der des dritten im 1996. An Israel ausgeliefert wurden die Boote im Juli 1999 (Dolphin), November 1999 (Leviathan) und Oktober 2000 (Tekuma).

Die drei Dolphin-U-Boote erhielt Israel von der Bundesrepublik weitgehend als Geschenk. Die Bundesregierung übernahm offiziell mit 880 Mio. DM die Kosten für den Bau der ersten beiden U-Boote vollständig und mit 220 Mio. DM für das dritte U-Boot zur Hälfte. Israel sollte die andere Hälfte tragen, wahrscheinlich in Form von Zulieferungen für die Bundeswehr, vor allem für die neuen U-Boote der Klasse 212A.[ 22 ] Die Bundesregierung gibt den Ausfuhrwert der drei U-Boote mit 1,28 Mrd DM an, von denen der deutsche Steuerzahler 1,1 Mrd. DM trug. Der Israelische Beitrag hatte einen Gegenwert von maximal 180 Mio. DM. In der internationalen Fachpresse werden die Kosten pro U-Boot mit rund 300-400 Mio US-Dollar angegeben; der Differenzbetrag könnte sich z.T. aus den Kosten für die Umrüstung der U-Boote in Israel bzw. aus den Bewaffnungskosten erklären. Die Kosten der Bewaffnung der Boote sind in den deutschen Angaben nicht enthalten.

Ob die Bundesregierung dem Wunsch Israels nach zwei weitern U-Booten entsprechen wird, ist derzeit unbekannt. Unbekannt ist auch, ob der Bundesssicherheitsrat dem Wunsch Israels bereits zugestimmt hat. Die Rahmenbedingungen sind derzeit noch signifikant andere als 1991. HDW ist auf Jahre mit Aufträgen ausgelastet und hat soeben erst den Wettbewerb um die Lieferung zweier neuer U-Boote nach Portugal gewonnen. Allerdings muß die Werft voraussichtlich künftig allein vom U-Boot-Bau leben, wenn es - wie geplant - zu einem Norddeutschen Werftenverbund kommt. Dies wiederum könnte es industriepolitisch attraktiv erscheinen lassen, durch eine Genehmigung dieses Geschäftes den zeitlichen Auslastungshorizont politisch zu erweitern und damit den Widerstand der Beschäftigten zu reduzieren. Die Haushaltslage in Deutschland läßt allerdings eine Milliardengabe an Israel derzeit kaum zu.[ 23 ] Israel dagegen könnte darauf spekulieren, dass eine Verschärfung der Konfrontation mit dem Iran, ähnlich wie 1990/91 mit Irak aufgrund früherer deutscher Waffenlieferungen an den Iran genutzt werden kann, um Deutschland erneut in eine Finanzierungshilfe zu zwingen. Aufgrund der Veröffentlichungen, daß Israel diese U-Boote als Nuklearwaffenträger nutzt oder nutzen will, wäre eine positive Entscheidung für die Bundesregierung politisch erheblich problematischer als 1991. Sie kann nicht mehr argumentieren, daß man nichts Genaues wisse. Die außenpolitischen Nebenwirkungen im Blick auf die arabische und islamische Welt und die rüstungskontrollpolitische Signalwirkung im Blick auf die Glaubwürdigkeit der deutschen Nichtverbreitungspolitik wäre verheerend. Ob dagegen die diplomatische Verteidigungslinie von Verteidigungsminister Struck, man sei bereit zu liefern, wenn Israel zahle und zugleich die Hoffnung zu hegen, daß Israel das Geld fehle, sich künftig als aufrechterhaltbar erweist - das darf auch angesichts der Vorgeschichte der Zusagen von 1990/91 bezweifelt werden.


Proliferationsrisiken

Mit jedem Rüstungsexportgeschäft ist ein Technologietransfer verbunden, der von Art und Charakter des Geschäftes bestimmt wird. Da Israel in den achtziger Jahren das Design und die Entwicklung der Dolphin-U-Boote finanzierte, liegen Teile der Rechte an dem U-Boot-Typ Dolphin in Israel, wahrscheinlich sind es 50 Prozent.[ 24 ] Israel kann die Nutzung dieser Rechte und der in Israel gebauten Komponenten nicht nur der Bundesrepublik anbieten, sondern auch anderen Staaten. Es könnte zudem versuchen, aus dem Besitz der Design- und Fertigungsunterlagen, die vollständig in Israel vorliegen, Kapital zu schlagen oder Deviseneinnahmen zu erzielen.

Als Beispiel für eine solche Geschäftsoption, ein solches Proliferationsrisiko, kann Taiwan dienen. Taiwan erhielt unter George W. Bush die Zusage der USA, die Beschaffung von acht Diesel-U-Booten für die taiwanesische Marine zu ermöglichen. Da die US-Werftenindustrie selbst nicht über das Know-How zum Bau moderner konventioneller U-Boote verfügt, muß es anderweitig erworben werden. Taiwan will vorrangig deutsche U-Boottypen haben, die Bundesregierung aber wegen ihrer Ein-China-Politik und aus Rücksicht auf die Volksrepublik nicht nach Taiwan liefern. Israel hat sich wiederholt als Alternative angeboten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß auf diesem Wege letztlich deutsche Rüstungsgüter und Technologien nach Taiwan gelangen.[ 25 ] Die mit der Prüfung der Lieferoptionen für Taiwan betraute amerikanische Werft von Northrop Grumman soll nach Angaben der israelischen Zeitung Ha'aretz unter anderem auch eine Option zum Bau der U-Boote in den USA mithilfe der Dolphin-Technik prüfen und Taiwan offerieren. Mit dieser Option verbunden ist die israelische Hoffnung, gegebenenfalls zwei oder drei weitere Dolphin-U-Boote bei dieser Werft bestellen und mit amerikanischer Militärhilfe bezahlen zu können. Foreign Military Sales Gelder sind in der Regel daran gebunden, daß Rüstungsgüter aus den USA gekauft werden.[ 26 ]

 

Anhang: Deutsche U-Boot-Exporte

Typ Staat Firma Stück* Bestellung
207 Norwegen RNSW 15 1962
209/1100 Griechenland HDW 4 1967
209/1200 Argentinien HDW 2 1969
209/1200 Peru HDW 2 1970
209/1200 Kolumbien HDW 2 1970
209/1200 Türkei HDW 2 1971
209/1300 Venezuela HDW 2 1972
Typ 540 (206) Israel via GB IKL / Vickers 3 1973-76 (Lieferg)
209/1300 Ekuador HDW 2 1974
209/1200 Türkei HDW 1 (+1 Paket) 1975
209/1200 Griechenland HDW 4 1975
209/1200 Peru HDW 4 1977
209/1300 Indonesien HDW 2 1977
TR 1700 Argentinien TNSW 2 (+4 Pakete) 1978
209/1200 Türkei HDW 3 1979
209/1400 Chile HDW 2 1980
209/1500 Indien HDW 2 (+2 Pakete) 1981
209/1400 Brasilien HDW 1 (+1 Paket) 1982
P 6071 (ULA) Norwegen TNSW 6 1982
209/1200 Türkei HDW (1 Paket) 1984
209/1400 Brasilien HDW (2 Pakete) 1985
209/1200 Südkorea HDW 1 (+2 Pakete) 1987
209/1400 Türkei HDW (2 Pakete) 1987
209/1200 Südkorea HDW (3 Pakete) 1989
Dolphin Israel HDW/TNSW 2 1991
209/1400 Türkei HDW (2 Pakete) 1993
209/1200 Südkorea HDW (3 Pakete) 1993
Dolphin Israel HDW/TNSW 1 1994
209/1400 Brasilien HDW (1 Paket) 1995
212A Italien HDW (2 Kooperation) 1998
209/1400 Türkei HDW (4 Pakete) 1999
209/1400 Südafrika HDW 3 2000
214 Griechenland HDW 1 (+2 in Koop.) 2000
214 Südkorea HDW 3 2001
209 Portugal HDW 2 2003

* Pakete sind U-Boote deren Sektionen in Deutschland hergestellt und auf örtlichen Werften zusammengebaut werden.

 

ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS),
   ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei BITS.

 

Dieses BITS-Stichwort wird bei Bedarf aktualisiert.


 

[Hinweis 1] Ursprünglich berichteten wir, die Kosten trage der Verteidigungshaushalt. Diese Information erwies sich als falsch.

 

Fußnoten:

[1]  Zur Bewertung der rüstungsexportpolitischen Seite des Dolphin-U-Bootes vgl.: Otfried Nassauer & Christopher Steinmetz: Die deutsch-israelische Rüstungskooperation, BITS Research Report 03.1, Berlin, September 2003 sowie: "Deutschland lieferte die Plattform", Interview mit Otfried Nassauer, Süddeutsche Zeitung, 12.10.2003

[2] Überlegungen, fünf neue U-Boote auf die drei U-Boote der GAL-Klasse folgen zu lassen und einen zweiten U-Boot-Stützpunkt am Roten Meer auszubauen, wurden - wohl aus Kostengründen - bisher nicht realisiert. Es ist davon auszugehen, daß sie weiterhin existieren. Israel äußerte während der jüngsten Golfkrise 2002/03 den Wunsch nach zwei weiteren U-Booten. Aus israelischer Sicht muß ein zweiter U-Boot-Stützpunkt am Roten Meer strategisch und operativ ausgesprochen attraktiv erscheinen, weil sich von einem solchen Stützpunkt aus militärische Operationen im Arabischen Meer, am Golf oder sogar im Indischen Ozean durchführen lassen würden, die heute kaum möglich wären, weil eine Verlegung israelischer U-Boote durch den Suez-Kanal oder die Straße von Gibraltar erforderlich wäre. Jedoch setzt eine solche Erweiterung der operativen Möglichkeiten auch eine Mindestgröße der U-Bootflotte von fünf Schiffen voraus.

[3] Berichte, daß Israel immer ein U-Boot im Mittelmeer, eines im Roten Meer und eines in Reserve hält, würden voraussetzen, daß die Boote auch im Frieden regelmäßig den Suez-Kanal passieren. Davon ist zumindest den Autoren nichts bekannt geworden. Zudem tauchten die ersten Berichte über dieses Operationsschema bereits auf, als Israel noch nicht über alle drei U-Boote in Dienst gestellt hatte. Seither wird die Meldung immer wieder wiederholt.

[4] Zur Bewaffnung vgl. Jane's Fighting Ships 1999-2000, S.343; Naval Forces, Juni 1998, S. 62-79; www.naval-technology.com/projects/dolphin/index.html; Jane's International Defense Review, September 1999, S.8

[5]Die Bundesregierung hat in Antwort auf Anfragen der Abg. Angelika Beer im September 1999 die Existenz dieser zusätzlichen Torpedorohre bestätigt, jedoch mitgeteilt, ihr seinen die "Gründe nicht bekannt", warum diese Rohre eingebaut wurden. Sie habe "an den Bauspezifikationen nicht mitgewirkt". Bei Auslieferung der U-Boote seien die 650mm Torpedorohre durch Metallschienen auf das Kaliber 533mm verengt und somit nur zum Verschuß von normalen Torpedos und Sub-Harpoon-Flugkörpern nutzbar.

[6] Erstmals taucht diese Variante auf in: First Dolphins Move in on Israeli Navy, Jane's International Defense Review, 24.8.1999

[7] Es gibt Berichte, daß Israel einen nur 200kg schweren Nuklearsprengkopf mit 6kg Plutonium entwickelt habe.

[8] Vgl. z.B. http://www.globalsecurity.org/wmd/world/israel/popeye-t.htm; der Abschluß der Entwicklung dieser Flugkörper ist nicht bestätigt; die Existenz wurde zuerst in einem Bericht des US National Air Intelligence Centers an den Congress 1998 erwähnt. Auch im Juni 2004 scheint der Popeye-Flugkörper weiterhin ein Entwicklungsvorhaben zu sein, ebenso wie eine reichweitengesteigerte Version der Schiff-Schiff-Rakete Gabriel 3. Allerdings wird im gleichen Zusammenhang berichtet, dass Israel durch Hinzufügen einer Startrakete aus dem Luft-Boden-Flugkörper Delilah einem land- und seegestützten Flugkörper (Delilah-GL und Delilah-SL) mit einer Reichweite von 250 oder gar mehr als 300 km abgeleitet habe. Vgl. Alon Ben David: Israel Develops ground-launched Delilah missile, Jane's Defence Weekly, 16.6.2004, S.10. Aufgrund des geringen Gefechtskopfgewichtes (nach Herstellerangaben 54kg in der Luft-Boden-Varinate) kommt der Flugkörper allerdings als nukleare Waffe kaum infrage. Auch über eine israelisch-indische Kooperation bei seegestützten Flugkörpern ("They [the Indians] now appear interested in enhancing the long-range capabilities of the Navy.") ist öffentlich zuwenig bekannt, um bereits Schlüsse zu ziehen. Vgl. India and Israel mull missile technology cooperation, in JDW 8.9.2004, S.7.

[9] Vgl u.a. Israel Moves Quickly To Beef up its Submarine Force, Global Intelligence Update, 26.10.00

[10] Defence Systems Daily, 26.10.2000, http://defence-data.com/archive/page8879.htm ; Sunday Times 18.6.00, Washington Post, 15.6.2002; entsprechende Vermutungen wurden bereits im September 1999 geäußert, siehe Jane's International Defense Review, Nr.9, 1999, S.

[11] Jerusalem Report, September 2002, S. 24

[12] Diese Erklärung ist jedenfalls schlüssiger als jene, die israelische Quellen gelegentlich verbreiten: Die Rohre seien für Swimmer Delivery Vehicles zum Aussetzen von Spezialkräften gedacht und die Verengungsschienen, mit denen die Rohre auf 533mm verkleinert werden können, seien erforderlich, damit aus den Rohren auch Torpedos verschossen werden könnten. Da diese Schienen kaum während eines Einsatzes, auf See, ein- und ausgebaut werden dürften, macht diese Erklärung wenig Sinn. Zudem gibt es Hinweise darauf, daß das U-Boot für das Aussetzen von Kampfschwimmern mit einem besonderen Wet and Dry Compartment ausgestattet worden sein soll.

[13] zitiert nach Ha'aretz 9.6.1998

[14] Yossi Melman. Swmming with the Dolphins, Ha'aretz 9.6.98 diskutierte diese Option bereits vor 6 Jahren unter Berufung auf den ehemaligen israelischen Luftwaffenchef GenMaj. Herzl Bodinger; Israel bemüht sich seit vielen Jahren, die Politik des Westens und insbesondere Washingtons gegen das iranische Nuklearprogramm in Stellung zu bringen. Es darf dabei auf die Unterstützung vieler neokonservativer in und aßerhalb der Bushadministration zählen, so u.a. auf John Bolton, Douglas Feith, Michael Ledeen, Norman Podheretz,. Richard Perle oder Paul Wolfowitz. Vgl: Ed Blanche: Israel steps up claims on Iran's nuclear arms, JDW 22.4.1998 oder jüngst ausführlich und alarmistisch wiedergegeben in: Erich Follath, Georg Mascolo: Der Tanz um die Bombe, Spiegel 38/2004, S.112ff.

[15] . zit. nach Schneider, Barry M.: Radical Responses to Radical Regimes - Evaluating Pre-emptive Counterproliferation, McNair Paper 41, National Defense University, Washington, May 1995, S.14-15

[16] Scharonzitat: ebd S.13; für den weiterführenden Gedanken vgl.: Luis Rene Beres: Israel's Strategic Future, Project Daniel, Final Report, 16.1.2003. Der Bericht wurde dem Israelischen Premierminister Ariel Scharon am gleichen Tag persönlich übergeben. Er reklamiert Israels Recht auf konventionelle Präemption einschließlich der Enthauptung der gegnerischen Führung, fordert eine gesicherte land- oder seegestützte Zweitschlagsfähigkeit gegen bis zu 15 geographisch weit auseinanderliegende städtische Ziele im Lande dessen, der sich eine biologische oder nukleare Fähigkeit zulegen könnte, warnt aber in deutlichen Worten vor dem Glauben, daß nukleare Präemption oder taktisch-nukleare, low-yield Kriegführungsfähigkeiten Israel politische oder militärisch-operative Vorteile bringen könnten. Eine U-Bootgestützte Nuklearfähigkeit für Israel hält der Project Daniel Bericht derzeit noch nicht für erforderlich, verweist aber darauf, dass sich wandelnde Umstände eine solche Fähigkeit bald erforderlich machen könnten.

[17] Amos Harel: Navy eyes 2 new Dolphin submarines, Ha'aretz 19.2.03.

[18] Jane's Fighting Ships 1994-95, London, 1994, S.323

[19] Während des U-Boot-Untersuchungsausschusses war zwar bekannt beworden, daß Israel von IKL ein U-Boot-Design entwickeln ließ; damals aber ergaben sich keinerlei öffentlich gewordene Hinweise auf die Einplanung von Torpedorohren des Kalibers 650 mm. Zur Zeit läßt sich nicht endgültig klären, ob diese Rohre bereits in den 80er Jahren Bestandteil der Planung waren, weil bereits 1979 eine Überprüfung der Option, nukleare Harpoon Raketen zu integrieren, angestellt und letztlich wegen mangelnder Erfolgsaussichten aufgegeben wurde, oder ob die Idee, diese Rohre zu integrieren erst nach dem Zusammenbruch der UdSSR entstand. Letzteres ist wahrscheinlicher.

[20] Der engen zeitlichen Abfolge dieser Ereignisse könnte ein ebenso großer inhaltliche Zusammenhang entsprochen haben. Daß Deutschland wg. der Veröffentlichungen unter politischen Handlungs- und Kompensationsdruck geraten werde, war bereits absehbar, als Israel den trilateralen Vertrag mit den USA und Deutschland stoppte. Der 2. Golfkrieg begann am 15.1.1991; während des Krieges schoß der Irak Scud-Raketen auf Israel ab.

[21] In Israel erhielten die Boote deswegen die Spitznamen "Saddam" und "Hussein"

[22] Solche Zulieferungen sind attraktiv, weil sie Israel von der Notwendigkeit entlasten, große Summen in konvertierbaren Währungen aufzubringen.

[23] Vgl. Barbara Opall-Rome: Berlin Nixes Israeli Request for free Subs, Defense News, 14.6.2004, S.18 und das eingangs erwähnte Interview Strucks mit dem Handelsblatt. Israel verfügt auch heute nicht über die Mittel, weitere U-Boote selbst zu bezahlen. Es kann sie sich nur leisten, wenn es in Deutschland oder den USA einen Finanzier findet. Deutschland kommt dafür zur Zeit nicht in Betracht, da ein mit 1990/91 vergleichbarer politischer Druck - aufgebaut über die deutsche Mitverantwortung für die Bedrohung Israels mit Massenvernichtungswaffen - in der jüngsten Irak-Krise nicht entstand. Ob bei einer weiteren Verschärfung der Auseinandersetzungen mit dem Iran erneut ein solcher Druck aufgebaut werden könnte, muß hier dahingestellt bleiben - aber selbst wenn dies geschähe, so wäre der Zusammenhang mit der Frage der Lieferung weiterer U-Boote aufgrund der Vorgeschichte recht offensichtlich.

[24] Zur Planungs- und Entstehungsgeschichte siehe u.a. Naval Forces, Nr. 6, S. 66-70 und Wehrtechnik, Nr.1, 1991, S.64f;  Zu der Frage der Rechte siehe Ha'aretz, 29.7.2002, Taipeh Times 18.9.2002, Wehrtechnik, Nr.7, 1991, S.21.

[25] Zu den Möglichkeiten israelischer U-Boot Exporte siehe Ha'aretz, 29.7.2002 (English Edition), www.haaretzdaily.com ; antimilitarismus information, Nr. 7-8, 2002, S. 22ff.; Asian Defence Journal, Nr. 9, 2002, S.36ff. Auch der Vize-Vorstandsvorsitzende von HDW, Hannfried Haun, deutete diese Kooperationsoption bereits in einem Interview an: "Taiwan kann auswählen zwischen den modifizierten Klassen 212, 214 und Dolphin - einem in Deutschland entworfenen U-Boot, ausgestattet mit israelischer Bewaffnung." Taipeh Times, 18.9.2002.

[26] vgl. Jerusalem Center for Public Affairs, Daily Alert, 29.7.02. In diese Richtung geht auch: John J. Tkacik Jr.: United Front on Taiwan - Concerted Western Action Could Supply Subs, Heritage Foundation 16.9.2002
Zudem hoffen manche, daß die Tatsache, daß HDW nunmehr im Besitz der US-amerikanischen Investmentgesellschaft OEP ist, eine Nutzung von deutschen Technologien erleichtert.