Alexander Richter Der Spürpanzer Fuchs taucht immer wieder in den Medien auf. Sei es als Objekt der Begierde und Füllhorn korrupter Politiker und Lobbyisten oder als vermeintliches Allheilmittel der Krisenbewältigung und leibhaftiger Beweis deutscher Bündnisfähigkeit. Kaum gibt es Befürchtungen, in einem Konflikt könnten atomare, biologische oder chemische Waffen eingesetzt werden, wird der Ruf laut: "German Fuchs to the Front". Ob dieser Ruf jedoch überhaupt von außerhalb der deutschen Grenzen oder nur aus dem Berliner Bendler Block erschallt, ist nicht immer klar auszumachen wie jüngst in dem von den USA angeführten "Kampf gegen den internationalen Terrorismus". Fest steht: Viele Militärs und Industrievertreter sagen dem Fahrzeug aus dem Hause Rheinmetall Landsysteme überragende Fähigkeiten nach, mit denen die Deutschen die Weltspitze bildeten. Doch das angeblich perfekte ABC-Abwehrsystem hält die vollmundigen Versprechen nicht in allen Punkten. Der Spürpanzer Fuchs ist ein leicht gepanzertes Fahrzeug mit sechs Rädern zum Nachweis von ABC-Waffen. Der Einsatz atomarer und chemischer Waffen kann mit der bordeigenen Ausrüstung direkt im Einsatz festgestellt und analysiert werden. Zum schnellen Aufspüren von biologischen Waffen ist der Fuchs allerdings nicht geeignet, wie selbst der Hersteller einräumen muss. "Die B-Waffen-Komponente ist nur als eingeschränkt zu betrachten", gibt Pressesprecher Oliver Hoffmann zu. Die Besatzung des Panzers könne, ohne das Fahrzeug zu verlassen, nur Proben sammeln und zur Analyse auf biologische Waffen in ein Labor bringen. Die 114 Fuchs-Spürpanzer der Bundeswehr verfügen nach Angaben Hoffmanns nicht über Geräte zur Bestimmung von biologische Waffen. Sein Unternehmen habe allerdings seit drei Jahren ein Konzept für einen "Bio-Spürfuchs" fertig, mit dem es möglich wäre, direkt am Ort den Typ und die Menge von biologischen Waffen zu bestimmen. Bislang hat die Bundeswehr aber nach Hoffmanns Angaben noch keinen "Bio-Spürfuchs" geordert. Weltweit bestehe aber ein sehr großes Interesse an einem solchen Panzer. Die Technik Der herkömmliche Spür-Fuchs wurde seit Beginn der achtziger Jahre entwickelt und basiert auf dem leichten Transportpanzer TPz 1. 1988 wurde der erste ABC-Fuchs bei der Bundeswehr eingeführt. Ab 1997 wurde an einigen Fahrzeugen eine "Kampfwertsteigerung" vorgenommen. Sie erhielten unter anderem zusätzlich Datenfunkgeräte, Klimaanlagen, Wetterstationen und präzisere Messgeräte. Die vier Mann Besatzung des Fuchs wird durch einen leichten Überdruck im Panzer vor dem Eindringen von Kampfstoffen geschützt. Die Panzerung widersteht Maschinengewehrbeschuss und Granatsplittern. Trotz seines Gewichts von 16 bis 17 Tonnen erreicht das Fahrzeug mit seinen 320 PS Motorleistung eine Spitzengeschwindigkeit von knapp 96 Stundenkilometern. In der Presse werden die Kosten für einen Fuchs immer wieder auf rund 614.000 Euro (rund 1,2 Millionen Mark) beziffert. Herzstück ist das lineare Quadropol-Massenspektrometer "MM1", das chemische Kampfstoffe in kleinsten Mengen und auch in Mischformen bestimmen kann. Entwickelt und hergestellt wurde das Gerät von dem Bremer Analysegeräte-Produzenten Brucker-Daltonik. Außerdem ist noch ein hochentwickelter Geigerzähler an Bord. Die Proben können auf verschiedene Weisen gesammelt werden. Zum einen besteht die Möglichkeit, vom Innenraum abgeschottet Außenluft anzusaugen und in den Analysegeräte zu untersuchen. Zum anderen können mit Hilfe einer Messsonde Boden- und Wasserproben analysiert werden. Wenn der Verdacht besteht, dass biologische Kampfstoffe zum Einsatz gekommen sind, dann kann die Besatzung durch eine Öffnung am Heck, die zum Innenraum hin versiegelt ist, mit einem Handschuh größere Proben sammeln, sie in Behältern außen am Fuchs luftdicht deponieren, um dann damit in ein Labor zu fahren. Wird eine Verseuchung mit Kampfmitteln festgestellt oder vermutet, wird das entsprechende Areal großräumig mit Warnhinweisen gekennzeichnet. Diese Überwachungslücke will Rheinmetall Landsysteme mit dem in der Entwicklung befindlichen "Bio-Spürfuchs" schließen. Auf seiner Homepage 1 wirbt das Unternehmen für das neue Fahrzeug zum Nachweis von Bakterien, Viren und Toxinen: "Der Bio-Spürfuchs dient der permanenten Überwachung der Außenluft hinsichtlich des Anstiegs der Partikelkonzentration in einem für biologische Kampfstoffe signifikanten Größenbereich. Durch eine massenspektrometische Analyse können außerdem mögliche vorhandene charakteristische Biomoleküle in der Umgebung zuverlässig nachgewiesen werden." Hierzu sollen den Unternehmensangaben zufolge genetische als auch immunologische Nachweisverfahren zum Einsatz kommen, um biologische Kampfstoffe nachzuweisen. Ein deutscher Exportschlager Trotz der Defizite hinsichtlich des schnellen Nachweises von biologischen Kampfstoffen entwickelte sich der Spürfuchs schon kurz nach seiner Indienststellung bei der Bundeswehr 1988 zu einem international nachgefragten Rüstungsgut. Deutschland stellte den Panzer mit seiner Spezialausrüstung im Golfkrieg 1990/91 den USA zur Verfügung. Die US-Armee musste die Fahrzeuge aber in Deutschland abholen, da kein deutsches Transportflugzeug der Luftwaffe in der Lage, den Fuchs zu transportieren er ist zu schwer. Trotzdem kamen einige deutsche Spürpanzer in der Golfregion zum Einsatz. US-Soldaten, die zuvor von deutschen Experten in die Technik eingewiesen worden waren, untersuchten das Kriegsgebiet auf den Einsatz von ABC-Waffen. Aber schon vor dem Golfkriegseinsatz hatte die US-Armee nach Angaben Hoffmanns Interesse signalisiert und 58 ABC-Fahrzeuge bestellt. Mittlerweile seien 123 Spürpanzer vom Typ M93A1 "Fox" bei der US-Armee im Einsatz. Sie unterschieden sich allerdings zum Teil von den deutschen Spürpanzern, sagt Hoffmann. Die USA hätten ihre "Fox" für eine einfachere Bedienung optimiert, während die Bundeswehr 37 ihrer Spürpanzer für die genauere Analyse von chemischen Kampfstoffen aufgerüstet habe. Es war nicht zuletzt diese deutsche Kriegshilfe 1990/91 an die USA, die den Fuchs zu einem Exportschlager der deutschen Rüstungsindustrie werden ließ. Neben den US-Streitkräften setzen ihn auch die Armeen Israels (acht Fahrzeuge) und Großbritanniens (elf) ein. Auch auf der arabischen Halbinsel besteht Interesse an dieser deutschen ABC-Technologie. Im Oktober 2000 soll der rot-grüne Bundessicherheitsrat Medienberichten zufolge die Lieferung von insgesamt 64 Spürpanzern in die Region genehmigt haben. Rheinmetall Landsysteme darf demnach 53 ABC-Füchse für die Vereinigten Arabischen Emirate und elf weitere für Kuwait produzieren. Über eine bereits erfolgte Lieferung oder einen anvisierten Liefertermin ist bislang nichts bekannt. Aber laut eines Artikels der Zeitschrift "Wehrtechnik" (IV/2001) wurden mittlerweile im ABC-Abwehrlehrbataillon 210 der Bundeswehr in Sonthofen, wo auch die deutschen Truppen für den Einsatz mit Spürfüchsen trainiert werden, Soldaten der Vereinigten Arabischen Emirate ausgebildet. Saudis zahlten 450 Millionen Mark für 36 Füchse Der bekannteste Export von Fuchs-Spürpanzern ist wohl aber die Lieferung von 36 Fahrzeugen für einen Gesamtpreis 450 Millionen Mark nach Saudi-Arabien im Jahre 1991. Der Waffenlobbyist Karl-Heinz Schreiber soll bei dem Rüstungsgeschäft nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft Augsburg eine unrühmliche Rolle gespielt haben. Den Vorwürfen zufolge soll er den hoffnungslos überteuerten Waffendeal eingefädelt und deutsche Politiker bestochen haben, unter anderem den damaligen CSU-Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium Holger Pfahls. Er soll 3,8 Millionen Mark von Schreiber dafür bekommen haben, um bei der damaligen christlich-liberalen Bundesregierung unter Helmut Kohl für das Geschäft zu werben und Widerstände auszuräumen. Fruchtlos scheinen seine Bemühungen nicht gewesen zu sein. Nach einem Bericht der Berlinert Zeitung vom November 2000 sollen die Verantwortlichen auf der Hardthöhe im Frühjahr 1991 aus dem Bundeskanzleramt schriftlich angewiesen worden sein, die von Saudi-Arabien begehrten Spürpanzer aus Bundeswehrbeständen bereitzustellen, da der Hersteller, damals noch Thyssen Industrie Henschel AG, Lieferschwierigkeiten hatte. Die Militärs mussten sich dem Druck beugen und ihre Füchse zur Verfrachtung freigeben. Waren die Finanzmittel für den Deal schon zuvor mit 450 Millionen Mark für 36 Fahrzeuge im Vergleich zum öffentlich genannten Einzelpreis von rund 1,2 Millionen Mark erstaunlich hoch, stiegen sie jetzt noch weiter: Die Saudis kauften 36 gebrauchte Spürpanzer für das Zehnfache des Neupreises. Nach dem Regierungswechsel 1998 suchte man die angeblich 1991 ergangene Weisung in den Akten des Kanzleramts und des Verteidigungsministeriums vergeblich. Nach Darstellung der Berliner Zeitung soll der ehemalige Kanzleramtschef Friedrich Bohl (CDU) das Papier aus den Akten entfernt haben. Pfahls störte das zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Zehn Monate nach dem Geschäft mit den Saudis bat er um seine Entlassung, um nach einer Zwischenstation als Jurist eine gut dotierte Stelle beim DaimlerChrysler-Konzern anzutreten. Im Frühjahr 1999 wird dem Topmanager der Stuhl, auf dem er sitzt, aber offensichtlich zu heiß. Die Staatsanwaltschaft hatte im April einen deutschen Haftbefehl gegen den an einer seltenen Diabetes leidenden Mann beantragt, woraufhin Pfahls Anfang Mai in Taiwan untertauchte. Er wird nun per internationalem Haftbefehl gesucht, konnte aber bis heute nicht gefasst werden. Anfang Dezember 2001 wurde Anklage wegen Steuerhinterziehung und Bestechlichkeit gegen den Ex-Staatssekretär erhoben. Schreiber setzte sich bekanntlich nach Kanada ab, um sich dem Zugriff der Staatsanwaltschaft Augsburg zu entziehen. Alexander Richter ist Journalist und ehrenamtlich bei BITS tätig.
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1 http://www.rheinmetall-ls.de/fahrzeuge_komponenten/abc_system/pages_deutsch/bio_spuerfuchs.htm |