Atomwaffentransporte - Nuclear Airlift
von Otfried Nassauer
Die USA transportieren ihre Nuklearwaffen soweit möglich als Luftfracht. Zwei
Strukturen stehen dafür zur Verfügung: Die Prime Nuclear Airlift Force (PNAF) für
Transporte in Friedenszeiten und die Emergency Nuclear Airlift Force (ENAF) für
(zusätzliche) Transporte in Krise und Krieg.
Die PNAF wird heute von der 4. Staffel des 62. Lufttransportgeschwaders (4th Squadron,
62nd MAW) auf der McChord Airforce Base in Washington State gestellt. Hier stehen sieben
besonders für diese Aufgabe ausgebildete Flugkapitäne mit ihren ebenfalls speziell
ausgebildeten Mannschaften für solche Flüge bereit. Einige oder sogar alle Flugkapitäne
dieser Staffel werden auch eingesetzt, um den US-Präsidenten zu befördern, wenn dieser
ein militärisches Flugzeug nutzt, z.B. um einen Besuch bei den US-Soldaten im Irak
abzustatten. Dann übernimmt eine Transportmaschine die Aufgaben der Air Force One, des
Präsidentenflugzeugs. Das Codewort für solche Einsätze lautet Phoenix Banner. Für
Transporte von Nuklearwaffen heute werden moderne C-17A "Globemaster
III"-Großraumtransportflugzeuge genutzt, die auch auf relativ kleinen Flughäfen
landen können. Der 4.Staffel sind keine bestimmten Flugzeuge zugeordnet. Aus dem Bestand
des Geschwaders werden die verfügbaren Flugzeuge genutzt, die sich in einem besonders
guten Zustand befinden.
Die PNAF-Aufgabe wurde in den vergangenen Jahren von verschiedenen Geschwadern
wahrgenommen. Sie lag zunächst seit den siebziger Jahren über viele Jahre in den Händen
der 6.Lufttransportstaffel, die den Spitznamen "Bully Beef Express" trägt.
Diese Staffel ist auf der McGuire Airforce Base beheimatet und war z.B. dafür zuständig,
nach dem Ende des kalten Krieges Hunderte von atomaren Artilleriegeschossen, Fliegerbomben
und Raketensprengköpfen in die USA zurückzufliegen. Insgesamt flog der Bully Beef
Express nach Eigenangaben in dieser Zeit rund 1.600 PNAF-Missionen.
Damals wurden für solche Transporte noch Flugzeuge vom Typ C-141B-Starlifter benutzt.
Für eine Übergangszeit übernahm 1994 das 60. Lufttransportgeschwader auf der Travis
AirForce Base den Langstreckentransport atomarer Waffen. Auch dort kamen C-141B-Flugzeuge
zum Einsatz. Von dieser Einheit ging die Aufgabe des Atomwaffentransports auf das
62.Lufttransportgeschwader über, das bereits über die deutlich moderneren
C-17A-Flugzeuge verfügte.
Einer der letzten größeren Transporte atomarer Waffen fand 2004 statt. Es galt, etwa
130 auf der Airbase Ramstein in Deutschland gelagerte Atombomben vom Typ B-61 in die USA
auszufliegen. Die Ramstein Airbase, die gemeinsam mit Spangdahlem alle Aufgaben der
Rhein-Main-Airbase übernommen hat, musste dafür aufwändig umgebaut und vergrößert
werden. Aus Sicherheitsgründen wurden die Nuklearwaffen während der Bauarbeiten
ausgelagert. Sicherheitsgründe dürften auch eine Rolle bei der Entscheidung gespielt
haben, die Atomwaffen nach Ende der Bauarbeiten nicht zurückzubringen. Für den Transport
und die Lagerung nuklearer Waffen gelten strenge Sicherheitsmaßnahmen und
Einschränkungen für den Flugbetrieb. Diese waren mit der neuen Rolle Ramsteins, die
zentrale logistische Drehscheibe der US-Luftwaffe in Europa zu sein, nur schwer in
Einklang zu bringen.
Die Aufgabe, für den Notfall als ENAF bereitzustehen, wird von deutlich größeren
Kräften wahrgenommen. Um 2005 oblag sie dem 437. Lufttransportgeschwaders auf der
Charleston AFB.
Für Atomwaffentransporte über kürzere Strecken innerhalb Europas gab es früher
einen "europäischen Ableger" der PNAF. Dieser befand sich ebenfalls auf der
Airbase Ramstein und war Teil des 86.Lufttransportgeschwaders. C-130
Herkules-Transportmaschinen wurden dafür genutzt. Heute fliegen die C-17A der PNAF die
europäischen Luftwaffen-Stützpunkte, auf denen Atomwaffen gelagert werden, direkt an. In
Ramstein entfiel auch diese nukleare Aufgabe.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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