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12. November 2015
Meldung im Spiegel


Leopard-2-Panzer für den Oman?

von Otfried Nassauer


Die Bundesregierung hat die vorübergehende Ausfuhr eines Kampfpanzers vom Typ Leopard 2A7 zu Erprobungszwecken in den Oman erlaubt. Das teilte das Wirtschaftministerium dem Bundestag über eine Sitzung des Bundessicherheitsrates im Juni mit.

Geht es um eine Wüstenerprobung der Bundeswehr oder bahnt sich hier ein neues, strittiges Exportgeschäft mit Leopard-Panzern an? Das Verteidigungsministerium teilt auf Anfrage des Spiegels mit, man habe keinen Ausfuhrantrag gestellt. Um Tests für die Bundeswehr geht es also nicht. Das Ministerium verweist zudem darauf, man prüfe eine Anfrage aus der Industrie, die Erprobung im Oman durch militärisches Personal zu unterstützen. Bundeswehrpersonal wird zum Beispiel benötigt, wenn mit dem Panzer während der Erprobung geschossen werden soll. Diese Auskunft macht klar: Der Oman will offenbar Panzer kaufen und die bayerische Rüstungsschiede Krauss Maffei Wegmann hat wohl ihre Finger im Spiel. Auch wenn sie es öffentlich nicht zugeben will. In München hofft man, nach Katar noch einen zweiten Abnehmer für den Leopard-2 auf der arabischen Halbinsel zu finden.

Weitere Hinweise liefert die türkische Presse: Bereits Ende letzten Jahres wurde dort mit Stolz berichtet, der noch in Entwicklung befindliche türkische Kampfpanzer „Altay“ stehe seit 2013 im Wettbewerb gegen den Leopard 2A7, den besten Kampfpanzer der Welt. Auch der Ort des Wettbewerbs wird genannt: Der Oman plane die Beschaffung von insgesamt 77 Kampfpanzern, neun Aufklärungspanzern und acht Bergefahrzeugen. Zudem gehe es um einen langfristigen Wartungsvertrag, Ausbildungsleistungen, Ersatzteile  und den Service. Möglicherweise sei auch die Beschaffung von Panzerhaubitzen geplant.

Der Oman ist ein besonderer Kunde: Das autokratisch regierte Sultanat ist einerseits eine autoritäre arabische Monarchie. Die Menschenrechtslage ist alles andere als befriedigend. Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen bewerten sie kritisch. Während des arabischen Frühlings 2011 ließ der örtliche Herrscher, Quabus ibn Said, aufflammende Proteste gewaltsam niederschlagen. Ein Einsatz des Militärs im Inneren kann wie in vielen anderen arabischen Staaten keineswegs ausgeschlossen werden. Andererseits ist der Oman vergleichsweise liberales arabisches Land. Frauen haben dort beispielsweise viel weitergehende Rechte als in Saudi-Arabien.

Ein besonderer Fall ist der Oman auch bei militärischen Beschaffungen: Er schreibt seine Beschaffungsvorhaben meist nicht öffentlich aus. Sultan Quabus ibn Said ist in Personalunion auch Verteidigungsminister. Er lädt ausgewählte, ihm genehme Lieferanten zu einem Angebot ein. Meist sind das nicht mehr als zwei konkurrierende Firmen. Krauss Maffei Wegmann und die türkische Firma Ottokar sind in diesem Fall mit von der Partie. Ende 2015, Anfang 2016 wollte der Sultan ursprünglich entscheiden, wer ihm die Panzer liefern soll. Es ist jedoch gut möglich, dass sich die Entscheidung noch etwas auf sich warten lässt.

Der türkische Panzer Altay existiert bisher nur als Prototyp, der bald in Serie gehen soll. Ihm fehlt jedoch noch ein Motor, der frei reexportiert werden kann. Bislang wird eine Maschine des deutschen Herstellers MTU verbaut, die der Bundesregierung ein Mitspracherecht bei Reexporten ermöglicht. In der Türkei will man deshalb in den nächsten Jahren einen eigenen Motor und ein dazu passendes Getriebe entwickeln lassen, um bei Panzer-Exporten nicht die Erlaubnis Dritter einholen zu müssen.

Für das relativ wohlhabende und gering verschuldete Sultanat Oman bedeutet das Vorhaben trotzdem eine gewaltige finanzielle Anstrengung. Bei einem jährlichen Staatshaushalt von nur etwa 32 Milliarden Euro stellt eine militärische Beschaffung im Volumen von rund 2 Milliarden Euro – soviel bezahlte Katar für ein ähnliches Paket – eine gewaltige Belastung dar. Hinzu kommt, dass die derzeit niedrigen Öl- und Gaspreise den Oman bereits heute zur Aufnahme neuer Staatsschulden zwingen. Gut möglich, das auch dies zu einer späteren Beschaffungsentscheidung führt.

In Deutschland wird derweil immer unklarer, welche Länder auf der arabischen Halbinsel deutsche Panzer beziehen dürfen und welche nicht. Katar kann offenbar deutsche Panzer bekommen, Saudi-Arabien jedoch nicht. Das Wirtschaftsministerium in Berlin beeilt sich deshalb, klarzustellen, die Ausfuhrgenehmigung zur Erprobung sei „keinerlei Präjudiz für weitere Genehmigungen“. Bundeswirtschaftsminister Gabriel habe wiederholt deutlicht gemacht, „dass er neue Genehmigungen für den Export von Kampfpanzern auf die arabische Halbinsel ablehnt“. 

Krauss Maffei Wegmann investiert in sein Angebot an den Oman jedoch offenbar im Vertrauen darauf, dass die Bundesregierung auch eine spätere Ausfuhr genehmigt, weil der Firma bisher alle nötigen Genehmigungen erteilt und damit Präzendenzfälle geschaffen wurden. Ein „Nein“ Gabriels dürfte auch noch aus einem anderen Grund unwahrscheinlich sein: Obwohl der Wirtschaftsminister Kleinwaffenexporte in sogenannte Drittstaaten besonders restriktiv handhaben will, hat er im Oktober 2015 einen Export von 1.600 Sturmgewehren, sowie 100 Maschinenpistolen und 48 Granatmaschinenwaffen in den Oman genehmigt. Das teilte die Bundesregierung dem Bundestag diese Woche mit. Da kann wohl auch Krauss Maffei Wegmann zuversichtlich in die Zukunft schauen.



ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS